Aus Datensätzen Bilder machen
Würzburger Physikdidaktikerin für Visualisierung wissenschaftlicher Daten ausgezeichnet.
Mit wissenschaftlichen Daten aus der Astrophysik können Laien oft nicht viel anfangen. Es sind meist statistische Diagramme mit zwei Achsen und einigen Punkten. Wie soll man sich daraus eine Galaxie oder kosmische Phänomene vorstellen? Möglich ist das durch eine „Übersetzung“ dieser Daten in Bilder, mittels Datenvisualisierung. Annika Kreikenbohm ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Sie beschäftigt sich intensiv mit der Visualisierung wissenschaftlicher Daten – und wurde nun für ihr neustes Projekt in diesem Bereich ausgezeichnet.
Im März 2021 hat das Green-Bank-Observatorium in der USA einen Data Image Contest ausgerufen, von dem auch Kreikenbohm und ihre Kollegin aus der JMU-Astrophysik, Doktorandin Eugenia Fink, erfuhren. Gesucht wurden Bilder und Animationen von Radiodaten, die der Öffentlichkeitsarbeit dienen können. Fink hat im Rahmen ihrer Doktorarbeit häufig mit dem Observatorium gearbeitet und dort zahlreiche Daten gesammelt. Innerhalb kürzester Zeit erstellte Kreikenbohm eine 3D-Animation dieser Daten, die ihren abstrakten Inhalt in Zusammenhang zu den kosmischen Phänomenen setzte. Dafür erhielt sie Anfang April vom Green-Bank-Observatorium den ersten Platz in dem Wettbewerb und ein Preisgeld von 1000 US-Dollar.
Das Video zeigt eine direkte Datenvisualisierung. Am Anfang sieht man Daten, wie sie oft bei Publikationen gezeigt werden: Ein Diagramm mit Punkten, das die Verteilung von Masern in der Galaxie NGC 1194 zeigt. Maser sind fokussierte Strahlen – Laserstrahlen im Mikrowellenbereich. Mit Masern können sehr genau Entfernungen bestimmt werden. Doch die Entfernungsbestimmung ist nicht der einzige Nutzen der Maser: Fink hat über sieben Jahre lang Maser-Daten aufgenommen – neben dem Green-Bank-Observatorium auch noch von anderen Teleskopen. Damit konnte sie die Struktur im Zentrum von NGC 1194 und die dort vorhandenen Gasscheibe näher untersuchen.
Aus den Punkten der Daten wird im Video mittels 3D-Visualisierung langsam eine Scheibe. „Auch für uns war es spannend, die Übersetzung von abstrakten Daten in ein Bild von einer konkreten Gasscheibe Stück für Stück zu sehen. Und das hat anscheinend auch die Jury des Wettbewerbs überzeugt“, so Kreikenbohm.
Kreikenbohm ist nicht nur Physikerin, sondern auch studierte Informationsdesignerin. Beide Disziplinen möchte sie künftig in ihrer Arbeit stärker miteinander verbinden – eventuell mit einem Visualization Lab an der JMU. Das Ziel ist die Erforschung immersiver Visualisierungen, um den Wissensgewinn aus komplexen und großen Datensätzen zu fördern. Das betrifft sowohl die Analyse von Big Data als auch die Nutzung intelligenter Algorithmen. Davon profitiert auch die Wissenschaftskommunikation an die breite Öffentlichkeit.
„Meine Erfahrungen aus Vorträgen zeigen, dass das die Öffentlichkeit Interesse an Wissenschaft und wissenschaftlichen Methoden hat. Und man kann ihr die Komplexität der Daten durchaus zutrauen“, so Kreikenbohm. Für sie schafft die Datenvisualisierung für Laien auch Vertrauen in die Wissenschaft. „Astronomische Beobachtungsdaten sind Spuren des Universums und ein Beweis dafür, dass es diese Phänomene gibt.“ Dies gelte nicht nur für die Astrophysik, sondern auch für alle anderen wissenschaftlichen Disziplinen.
JMU / DE