26.08.2020 • AstronomieAstrophysik

Auswirkungen von Satelliten-Konstellationen auf die Astronomie

Roadmap für Observatorien und Satelliten-Betreiber zu Reduzierung der Auswirkungen auf die astronomische Forschung.

Ein internationales Expertenteam, darunter auch Mitarbeiter der Europäischen Südsternwarte ESO, hat einen Bericht erstellt, der praktische Wege untersucht, um mit den Auswirkungen großer Satelliten­konstellationen auf die Astronomie umzugehen. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass große Konstellationen heller Satelliten in niedrigen Erdumlauf­bahnen die boden­gestützte optische und infrarote Astronomie grundlegend verändern und das Erscheinungs­bild des Nachthimmels weltweit beeinflussen könnten. Der Bericht bietet auch eine Roadmap für Observatorien und Satelliten­betreiber, um diese Auswirkungen durch eine Zusammen­arbeit zu verringern.

Abb.: Ein künstlicher Satellit leuchtet hell über den Hauptteleskopen des VLT...
Abb.: Ein künstlicher Satellit leuchtet hell über den Hauptteleskopen des VLT der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile auf. (Bild: R. Wesson, ESO)

Der Bericht bietet zwei Hauptergebnisse: Erstens wirken sich erdnahe Satelliten über­proportional auf wissen­schaftliche Programme aus, die Beobachtungen in der Dämmerung erfordern, wie etwa die Suche nach erdbedrohenden Asteroiden oder nach sichtbaren Gegen­stücken von kurzlebiger Quellen von Gravitations­wellen. Satelliten, die in einer Höhe von weniger als sechshundert Kilometern kreisen, beeinträchtigen die astronomischen Beobachtungen in den dunkelsten Stunden der Nacht nur begrenzt. Satelliten in höheren Lagen jedoch, wie die von OneWeb geplante 1200 Kilometer hohe Konstellation, können im Sommer die ganze Nacht und in anderen Jahreszeiten einen Großteil der Nacht beleuchtet werden. Diese Konstellationen könnten schwere Folgen für viele Forschungs­programme an den weltweit führenden optischen Observatorien haben. Je nach Höhe und Helligkeit könnten die Satelliten­konstellationen auch für Astrofotografen, Hobby-Astronomen und andere Natur-Enthusiasten den Blick in den Sternen­himmel beeinflussen.

Zweitens bietet der Bericht eine Reihe von Möglich­keiten, um den Schaden für die Astronomie durch große Satelliten­konstellationen zu verringern. Die Betreiber könnten weniger Satelliten starten, Satelliten in Höhen unter sechshundert Kilometern einsetzen, Raum­fahrzeuge abdunkeln oder Sonnenschirme verwenden, um ihre reflek­tierenden Oberflächen zu beschatten, und die Höhe eines jeden Satelliten steuern, um weniger Sonnenlicht Richtung Erde zu reflektieren. Andererseits könnte die astronomische Gemeinschaft zu den Abschwächungs­maßnahmen beitragen, indem sie den Betreibern hilft, Grenzwerte für die Satelliten­helligkeit zu ermitteln und zu berechnen, wie effektiv verschiedene Möglich­keiten zur Verringerung dieser Helligkeit wären. Der Bericht empfiehlt außerdem, dass Observatorien die Entwicklung eines Tools zum Entfernen oder Maskieren von Satelliten­spuren und ihren Auswirkungen auf astro­nomischen Bildern unter­stützen sowie eines Tools zum Berechnen von Satelliten­bahnen und der Vermeidung ihrer Spuren. Die ESO prüft zusammen mit anderen Observatorien die Kosten für diese Abmilderungs­maßnahmen.

Der Bericht ist das Ergebnis des virtuellen SATCON1-Workshops, der von NOIRLab, einem Astronomie­zentrum der US National Science Foundation, und der American Astronomical Society organisiert wurde. Vom 29. Juni bis zum 2. Juli kamen mehr als 250 Wissen­schaftler, Ingenieure, Satelliten­betreiber und andere Interessen­gruppen zusammen, um die Auswirkungen von Mega­konstella­tionen zu erörtern und Möglichkeiten zu ihrer Eindämmung zu erkunden. Die ESO-Experten Olivier Hainaut, Andrew Williams und Angel Otarola waren unter den Teilnehmern des Workshops und sind Autoren des neuen Berichts.

Hainaut und Williams haben zusammen mit Otarola zu dem neuen Bericht beigetragen, indem sie detaillierte Simulations­arbeiten durchführten, die Auswirkungen auf ESO-Einrichtungen zusammenfassten. Das VISTA-Teleskop der ESO wurde verwendet, um Beobachtungen von Starlink-Satelliten durch­zu­führen und damit die Simulations­arbeit zu unterstützen. Detaillierte Simulationen von Satelliten­konstellationen sind wichtig, da damit in Zukunft schnell Kollisions­berechnungen durch­ge­führt werden können und die Erstellung von Tools unterstützt wird, mit denen Teleskop­betreiber Beobachtungen planen und Satelliten­spuren vermeiden können. Die Neuplanung von Beobachtungen kann nicht alle Auswirkungen vermeiden und ist auf genaue Informationen der Satelliten­unternehmen angewiesen. Sie kann jedoch die Auswirkungen minimieren. Ein Nachfolge­workshop SATCON2, der sich mit den wesent­lichen Fragen der Richtlinien und Regulierung befassen wird, ist vorläufig für Anfang bis Mitte 2021 geplant.

MPIA / ESO / RK

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