17.03.2023

Basislager auf dem Mond

Robotergetriebenes Explorationskonzept in Lavahöhle auf Lanzarote getestet.

Als potenzielle Orte für zukünftige Basislager sind die Lavahöhlen auf dem Mond von großem Interesse. Wie sich diese erreichen und erforschen lassen, hat ein europäisches Konsortium unter Koordination des Deutschen Forschungs­zentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in dem von der Europäischen Kommission geförderten Projekt CoRob-X untersucht. Bei abschließenden Feld­tests auf Lanzarote gelang es den Projektpartnern, die Machbarkeit ihres wegweisenden Explorations­konzepts unter Beweis zu stellen. Erfolgreich demonstrierten sie, wie ein Team aus drei autonomen Rovern den Eingang einer Lavahöhle erkundet und durch Abseilen eines Roboters in das Innere vordringt.

 

Abb.: Coyote III seilt sich mithilfe eines von SherpaTT bereit­gestellten...
Abb.: Coyote III seilt sich mithilfe eines von SherpaTT bereit­gestellten Abseil- und Docking­systems in die Höhle ab. (Bild: T. Becker / DFKI)

Eine feste Station auf dem Mond, die als Ausgangs­punkt für die weitere Erkundung unseres Sonnen­systems dienen kann, ist ein entscheidendes Ziel der inter­nationalen Raum­fahrt. Optimale Bedingungen dafür könnten vor allem schwer erreichbare Umgebungen wie Krater oder Lavahöhlen bieten, die nicht nur Schutz vor Strahlung, Meteoriten und Temperaturschwanken gewähren. Auch wichtige Ressourcen wie gefrorenes Wasser werden im lunaren Untergrund vermutet. Bevor sich jedoch Menschen in die Tiefen des Erdtrabanten wagen, sollen diese vielversprechenden Orte durch autonome Roboter untersucht werden. Doch wie gelangen die Roboter in die Höhlen hinein?

Während die heutige Raumfahrt noch auf ferngesteuerte Einzelgänger setzt, gehört die Zukunft der autonomen kollaborativen Robotik. In dem vom DFKI Robotics Innovation Center koordinierten Projekt CoRob-X (Cooperative Robots for Extreme Environments) untersuchten neun europäische Partner seit März 2021 ein ambitioniertes Explorations­konzept, das auf der Zusammen­arbeit heterogener Robotersysteme basiert. Das Projekt war eines der Abschlussvorhaben des Strategic Research Clusters (SRC) „Space Robotics Technologies“, das mehrere Forschungsprojekte umfasst, die im Rahmen des Horizon-2020-Programms der Europäischen Kommission finanziert und von der PERASPERA Programme Support Activity betreut wurden. Innerhalb der Projekte wurden grund­legende Technologien entwickelt, die in zukünftigen Raumfahrt­missionen zum Einsatz kommen sollen – dazu gehören ein adaptives Autonomie­system für einzelne und kollaborative Roboter, ein allgemeines Software-Framework zur Sensor­datenfusion sowie Umwelt­sensoren für die Lokalisierung und 3D-Kartenerstellung. Eine elektro­mechanische Schnittstelle ermöglicht zudem die Kupplung von Robotern mit anderen Systemen oder Werkzeugen bei gleichzeitiger Übertragung von elektrischer Energie, Daten und Wärme.

Im Mittelpunkt von CoRob-X stand der Test und die Validierung der entwickelten Technologien, um den Robotern die Teamarbeit im Lavahöhlen­szenario zu ermöglichen. Das Szenario sieht vor, dass drei autonome Rover – zum Einsatz kamen die DFKI-Roboter „SherpaTT“ und „Coyote III“ sowie der Rover „LUVMI-X“ des belgischen Unter­nehmens Space Applications Services NV/SA – gemeinsam den Eingang einer Lavahöhle, das sogenannte Skylight, untersuchen. Mithilfe eines Sensorwürfels, den LUVMI-X in das Skylight schießt, erhält das Team erste Informationen aus dem Inneren der Höhle. Auf Basis dieser Daten ermitteln die Systeme eine geeignete Stelle, an welcher der robuste SherpaTT den kompakten Coyote III mithilfe eines Seilzugs hinablassen kann. Am Boden angekommen, entkoppelt sich der wendige Rover vom Seil- und Docking­mechanismus und erkundet die Höhle.

Um die Machbarkeit dieser komplexen Mission zu beweisen, reisten rund 25 Projekt­mitarbeiter vom 21. Januar bis 11. Februar 2023 nach Lanzarote. Nach knapp zwei Jahren intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit sowie mehrwöchigen Integrations­arbeiten im vergangenen September am DFKI in Bremen galt es nun, die Funktions­fähigkeit der Technologien in umfassenden Feldtests zu erproben. Dafür bot die vulkanisch geprägte Kanareninsel mit ihren ausgedehnten Lavatunneln ideale Bedingungen. Auf einem zuvor ausgewählten Testareal errichteten die Projektpartner ihre Zelte direkt neben einem Skylight, einem etwa fünf Meter breiten Loch im vulkanischen Boden, das den Zugang in eine etwa vier Meter tiefe Lavahöhle gewährt. Ziel des Teams war es, in dieser realitätsnahen Umgebung sowohl die Komponenten und Systeme auf den Prüfstand zu stellen als auch die einzelnen Missionsphasen intensiv zu testen. In den kommenden Wochen sahen sich die Beteiligten nicht nur mit äußerst wechselhaften Wetter­bedingungen konfrontiert, sondern mussten auch immer wieder wissenschaftliche und technische Herausforderungen bewältigen, die ihnen mitunter Arbeits­stunden bis spät in die Nacht abverlangten.

Den Abschluss der dreiwöchigen Tests bildete die finale Demonstration der Gesamt­mission. Die erste Missions­phase verlief reibungslos: Das Roboter-Team näherte sich dem Höhleneingang, während es die Umgebung scannte und eine Karte davon erstellte. In der zweiten Phase beförderte LUVMI-X den Sensorwürfel durch das Skylight ins Höhleninnere. Um die Fall­geschwindigkeiten auf dem Mond zu simulieren, wurden zum Hinablassen des Würfels eine elektrische Seilwinde mit Kabel verwendet. Die während dieses Vorgangs aufgenommen Daten lieferten eine präzise 3D-Karte des Höhlen­eingangs. Ziel der dritten Missions­phase war das Erreichen des Höhlen­inneren durch Hinablassen von Coyote III. Dafür dockte der Rover über eine Schnittstelle an ein von SherpaTT bereitgestelltes Abseil- und Dockingsystem an. Ein daran befestigtes Kabel ermöglichte es ihm, sich langsam durch das Skylight hindurch abzuseilen und anschließend sicher am Höhlenboden zu landen. Unten angekommen startete die vierte und letzte Phase der Mission: Coyote III erkundete das unbekannte Terrain und erstellte erfolgreich eine Karte des Höhlen­umgebung.

Insgesamt zeigten sich die externen Gäste in höchstem Maße beeindruckt von der Leistung des gesamten CoRob-X-Teams. Sie werteten die Feldtests als großen Erfolg und Meilenstein für zukünftige Langzeit­missionen auf dem Mond. Thomas Vögele vom DFKI, der das Projekt koordinierte, bezeichnete die Analogmission in Lanzarote als "eine wahre Herausforderung für Mensch und Material. Die Erforschung einer Lavahöhle mit drei autonomen Rovern ist vor CoRob-X in dieser Form noch nicht demonstriert worden. Wir haben gezeigt, dass es möglich ist und sind damit hoffentlich einer echten Mondmission ein Stück nähergekommen.”

Bereits im vergangenen Jahr führten das spanische Unternehmen GMV Aerospace and Defence SA und die Stiftung Santa Bárbara Feldtests in einem Bergwerk in Nordspanien durch. Ziel war es, die Funktionalität der SRC-Technologien in einem terrestrischen Szenario zu beweisen. Für die Inspektion von Bergbau­tunneln wurden ein Rover und eine Drohne von GMV zur eingesetzt. Gemeinsam gelang es den Systemen, einen Schacht nach einer Sprengung zu untersuchen, um mögliche Gefahren für den Menschen auszuschließen.

DFKI / DE

 

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