12.02.2015

Bei Belichtung supraleitend

Photoaktive Schicht dotiert organischen Isolator mit beweglichen Ladungsträgern.

Japanischen Forschern ist es erstmals gelungen, einen elektrisch nicht­leitenden organischen Kristall bei tiefen Temperaturen supra­leitend zu machen, indem sie ihn mit UV-Licht bestrahlt haben. Durch Belichtung mit sichtbarem Licht wurde er dann wieder nichtleitend. Hiroshi Yamamoto am Institute for Molecular Science in Aichi und seine Kollegen haben bei ihrem bahnbrechenden Experiment einen dünnen Einkristall des organischen Materials κ-(BEDT-TTF)2Cu[N(CN)2]Br verwendet. κ-Br, wie man es abkürzend nennt, ist bei tiefen Temperaturen ein elektrischer Isolator, den man aber durch Dotierung leitfähig und sogar supra­leitend machen kann.

Abb.: (A) Der κ-Br-Einkristall sitzt auf einer Schicht aus photoaktiven Molekülen, die bei Bestrahlung mit UV-Licht bzw. sichtbarem Licht in einen polaren (zwitterionischen) bzw. nichtpolaren Zustand übergehen. Die polaren Moleküle verursachen Löcher­dotierung im Kristall, der dadurch leitfähig wird. (B) Eine mikroskopische Aufnahme des elektrisch kontaktierten Kristalls. (Bild: M. Suda et al.)

Bei der Dotierung von κ-Br verändert man nicht die chemische Zusammen­setzung des Kristalls, wie man das bei den Cupraten macht, die dadurch zu Hoch­temperatur­leitern werden. Vielmehr bringt man die nötigen beweglichen Ladungsträger auf elektrischem Wege in den Kristall. Dazu baut man aus dem Kristall einen Feld­effekt­transistor auf, indem man ihn auf eine Gate-Elektrode setzt, die mit einer Isolator­schicht bedeckt wurde.

Legt man zwischen Kristall und Gate eine elektrische Spannung an, so sammeln sich im Kristall nahe seiner Unterseite freie Ladungsträger, die ihn elektrisch leitend machen. Auf diese Weise gelang es Yamamoto und seinen Kollegen vor zwei Jahren, einen dünnen κ-Br-Einkristall bei Temperaturen unterhalb von 10 Kelvin mit einer Gate-Spannung von 10 Volt supraleitend zu machen.

Jetzt haben die Forscher an einem dünnen κ-Br-Einkristall Supraleitung durch Bestrahlung mit Licht hervorgerufen. Dazu haben sie in ihren Feld­effekt­transistor so verändert, dass sich zwischen dem Kristall und der Isolatorschicht eine zusätzliche photoaktive Schicht aus Spiropyran-Molekülen befand. Unter UV-Licht wandelten sich diese nichtionischen Moleküle in zwitter­ionische Merozyanin-Moleküle um, die ein positives Stickstoffion und ein negatives Sauerstoffion trugen.

Abb.: Der elektrische Widerstand des UV-bestrahlte Kristalls nimmt bei Abkühlung auf 7,3 Kelvin sprunghaft ab. Ein starkes Magnetfeld verhindert dies. (Bild: M. Suda et al.)

Auch nach Abschalten der UV-Beleuchtung behielten die Moleküle ihre Polarität bei. Bestrahlte man sie hingegen mit sichtbarem Licht, so kehrten sie in den nicht­ionischen Zustand zurück. In der photoaktiven Schicht waren die Moleküle so ausgerichtet, dass nach UV-Bestrahlung ihr negatives Ende sich nahe der Unterseite des κ-Br-Einkristalls befand. Das dadurch hervorgerufene starke elektrische Feld veränderte die Bandstruktur des Kristalls lokal, sodass sich in ihm eine zwei­dimensionale leitfähige Schicht ausbildete, in der sich positive Löcher bewegen konnten.

Zunächst zeigten die Forscher, dass man den elektrischen Widerstand des Kristalls beliebig oft an- und ausschalten konnte, indem man ihn jeweils 180 Sekunden lang mit UV-Licht bzw. sichtbarem Licht bestrahlte. Sodann kühlten sie den Kristall auf Temperaturen unterhalb von 15 Kelvin und bestrahlten ihn erneut 180 Sekunden lang mit UV-Licht. Dabei stellten sie fest, dass der elektrische Wider­stand des Kristalls bei 7,3 Kelvin sprunghaft abnahm. Dies ließ sich dadurch erklären, dass ein Teil des Kristalls supra­leitend geworden war.

Die Forscher überprüften dies, indem sie den Kristall einem 7 Tesla starken Magnetfeld aussetzten. Unter der Wirkung des Feldes zeigte der elektrische Widerstand des Kristalls keine sprunghafte Abnahme bei 7,3 Kelvin mehr, sondern verringert sich nur geringfügig. Offenbar hatte das Magnet­feld den supra­leitenden Zustand zerstört. Somit war es möglich geworden, Supra­leitung mit UV-Licht bzw. sichtbarem Licht reversibel an- und auszuschalten.

„Jetzt dauert es 180 Sekunden, den supraleitenden Feld­effekt­transitor zu schalten, doch im Prinzip könnte er auch viel schneller betrieben werden“, meinte Masayuki Suda, der an der Arbeit beteiligt war. „Dadurch werden neuartige Bauelemente für die Hoch­geschwindig­keitsüber­tragung und -verarbeitung von Information möglich.“

Rainer Scharf

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