08.07.2008

Bush gibt Widerstand gegen Klimaziel auf

Der weltgrößte Klimasünder USA gibt erstmals den Widerstand gegen verbindliche Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung auf.

Toyako (dpa) - Der weltgrößte Klimasünder USA gibt erstmals den Widerstand gegen verbindliche Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung auf. Ein halbes Jahr vor Ende seiner Amtszeit stimmte US-Präsident George W. Bush am Dienstag auf dem G8-Gipfel in Japan einer Reduzierung des Ausstoßes schädlicher Treibhausgase von mindestens 50 Prozent bis 2050 zu. Die sehr vage gehaltenenen Formulierungen von Toyako wurden zwar als Fortschritt gegenüber der Vereinbarung von Heiligendamm 2007 gewertet. Sie gelten aber schon wegen ihrer sehr langen Frist keineswegs als Durchbruch für den Klimaschutz. Umweltschützer kritisierten den Beschluss als völlig unzureichend, um den Klimawandel zu stoppen. Sie forderten ehrgeizige Ziele schon für 2020.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte die Vereinbarung als einen deutlichen Fortschritt gegenüber dem Gipfel 2007 im Ostseebad Heiligendamm unter ihrem Vorsitz.

Bushs Delegation nannte die Übereinkunft ein hervorragendes Ergebnis. In Heiligendamm hatte der US-Präsident nur zugestanden, das Ziel der Halbierung zu prüfen. Nun hätten sich die G8-Staaten auf eine gemeinsame langfristige Vision festgelegt, sagte der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, Dan Price. «Es gab eine ausgezeichnete Diskussion und ein ausgezeichnetes Ergebnis.»

Zur G8 gehören die USA, Kanada, Japan, Russland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland.

Der Beschluss der Staats- und Regierungschefs sei ein klarer Auftrag, bei der UN-Klimakonferenz Ende 2009 in Kopenhagen zu einem Abschluss zu kommen, sagte Merkel. Dabei müssten die reichen Industriestaaten größere Verantwortung übernehmen. «Ich verschweige nicht, dass wir bis Kopenhagen noch viele harte Verhandlungen haben werden», sagte Merkel. Sie zeigte sich sicher, dass die USA auch nach dem Machtwechsel zu dem Versprechen von Bush stehen werden.

In Kopenhagen soll ein Abkommen ausgehandelt werden, das nach 2012 das Kyoto-Protokoll ablösen soll. Die USA hatten das Abkommen zwar unterzeichnet, aber nie rechtlich bindend ratifiziert. Es war Anfang 2005 dennoch in Kraft getreten, als mit Russland die nötige Zahl Unterzeichner ratifiziert hatten.

Für Merkel ist nun wichtig, die sogenannten Schwellenländer China, Indien, Mexiko, Brasilien und Südafrika - die Gruppe der Fünf (G5) - ins Boot zu holen, sagte die Kanzlerin weiter. Ohne diese aufstrebenden Volkswirtschaften habe ein Klimaschutzabkommen wenig Sinn. Denn selbst wenn allein die G8-Staaten ihre Treibhausgase bis 2050 halbierten, wäre das keine Entlastung für das Weltklima.

Die G5-Staaten werden an diesem Mittwoch in Toyako zu Beratungen mit den G8 erwartet. Was der Klima-Beschluss der G8 wert ist, wird sich auch an deren Reaktionen ablesen lassen. Nach Angaben von Merkel werden die G8 im kommenden Jahr unter italienischem Vorsitz einen ganzen Tag mit den G5 über die dann aktuellen Probleme der Welt beraten.

Bush fordert nach wie vor, für verbindliche Klimschutzziele große Klimasünder wie China und Indien zu gewinnen, andernfalls wollen die USA gar nicht erst mitmachen. Wie Bush-Berater Price weiter sagte, werde es nun darum gehen, mit allen großen Industriestaaten eine verbindliche Strategie für mittelfristige Ziele im Kampf gegen die Klimaerwärmung zu finden. Die G8 könnten «nicht alleine die globale Erwärmung stoppen».

Auf dem Gipfel wurde spekuliert, dass Bush mit seinem Zugeständnis sein Image in der Klimapolitik aufpolieren wollte. Seine möglichen Nachfolger, der Demokrat Barack Obama und der Republikaner John McCain, haben bisher durchblicken lassen, dass sie - anders als Bush - für mehr Klimaschutz durch die USA eintreten wollen.

Die Europäische Union ist bei mittelfristigen Klimaschutzzielen schon in Vorleistung gegangen. Sie will den Ausstoß der Treibhausgase bis 2020 um ein Fünftel verringern. Sollten alle großen «Verschmutzer-Staaten» mitmachen, ist die EU sogar bereit, bis 2020 die CO2-Ausstoß um 30 Prozent zu verringern.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy bewertete die Vereinbarung als gute Lösung, wie aus seiner Delegation verlautete. Dem Vernehmen nach zeigte sich auch der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi zufrieden mit der Einigung.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso würdigte die Einigung als starkes Signal für die Verhandlungen über ein neues Klimaschutzabkommen. «Jetzt müssen wir uns anstrengen, um ein ehrgeiziges Ziel in Kopenhagen zu erreichen», sagte er.

Umweltschützer kritisierten die Vereinbarung scharf. «Bei diesem Tempo ist die Welt bis 2050 weichgekocht und die G8-Führer sind lange vergessen», sagte Antonio Hill von der Hilfsorganisation Oxfam. Die Umweltschutzorganisation WWF bemängelte, dass die G8-Führer es nicht geschafft hätten, die Klimaverhandlungen voranzubringen.

Greenpeace erklärte: «Während die Arktis schmilzt, vertagen die G8 das Handeln. Statt Klimaschutz hat die Welt nichts weiter erhalten als blumige Worte». Peter Grand von der Entwicklungshilfeorganisation Tearfund ergänzte: «Die G8 kriechen bei den Einschnitten der Treibhausgase vorwärts, während große Sprünge erforderlich wären.» Statt einer Halbierung sei eine Verringerung der Treibhausgase bis 2050 um 50 bis 80 Prozent nötig.

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