31.03.2020

Coronavirus-Proteine kommen in den Röntgenblick

Screening soll Fahndung nach einem Wirkstoff beschleunigen.

Bis­lang gibt es kein Mittel zur Be­handlung der In­fektion mit dem Corona­virus. Weltweit suchen For­schungs­gruppen daher in­tensiv nach An­satz­punkten für einen Wirkstoff gegen SARS-CoV-2. Eine am Deut­schen Elektro­nen-Syn­chrotron DESY be­gonnene Ver­suchs­reihe nimmt drei Schlüs­selprote­ine des Erregers unter die Lupe und könnte bei Erfolg die Su­che nach einem Medika­ment er­heblich verkür­zen.

Abb.: Die Messstation P11 für Biomoleküle an DESYs Röntgenlichtquelle PETRA...
Abb.: Die Messstation P11 für Biomoleküle an DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III. (Bild: DESY, Heiner Müller-Elsner)

Dabei werden rund 3700 be­reits existie­rende und größten­teils schon zu­gelas­sene Wirk­stoffe darauf geprüft, ob sie auch ge­gen das neue Corona­virus hel­fen. „Wir haben gerade das erste Plasmid bekom­men, um ein ers­tes Pro­tein her­zustel­len, das für den Repro­duktions­prozess des Virus eine Rolle spielt“, berichtet DESY-Forscher Alke Me­ents. „Damit werden wir prü­fen, wel­che Wirk­stoffe an dieses Protein binden.“ Für die entspre­chenden Röntgen­messun­gen fährt DESY seine For­schungs­licht­quelle PETRA III wieder hoch.

Viren können sich al­lein nicht vermeh­ren. Sie kapern dazu Zel­len ihres Wirts, schleu­sen ihr eigenes Erbgut in diese ein und brin­gen sie so dazu, neue Vi­ren her­zustel­len. Bei allen die­sen Schritten spielen Proteine eine wichtige Rolle. Gelingt es, ein entschei­dendes Protein zu blo­ckieren, lässt sich der Zyk­lus unter Umstän­den un­terbre­chen, das Virus kann sich nicht mehr vermeh­ren, und die Infek­tion ist damit be­siegt.

Die Wissen­schaftler von DESY, den Uni­versitä­ten Ham­burg und Lübeck sowie vom Fraun­hofer-Institut für Mole­kularbio­logie und Ange­wandte Oekolo­gie (IME) verfolgen bei ihrer Suche nach ei­nem sol­chen Mittel den An­satz der Struktur­biologie: Mit Röntgen­licht von DESYs For­schungs­licht­quelle PETRA III lässt sich die drei­dimensi­onale räumli­che Struktur von Pro­teinen auf 0,1 Nanome­ter ge­nau dar­stellen – eine Auf­lösung, die die Ansicht einzelner Atome gestat­tet.

Rönt­gen­struk­tur­ana­lyse: Be­schleu­nigte Elek­tronen (blau)...
Rönt­gen­struk­tur­ana­lyse: Be­schleu­nigte Elek­tronen (blau) sen­den beim Flug durch einen Un­du­lator (links) Rönt­gen­licht (orange) aus, das auf einen Kris­tall (Mitte) aus Bio­mo­le­kü­len ge­lenkt wird. Der Kris­tall lenkt das Rönt­gen­licht ab und er­zeugt so ein cha­rak­teris­ti­sches Streu­bild auf dem De­tek­tor (rechts), aus dem sich die Struk­tur der Mo­le­kü­le er­rech­nen lässt (ganz rechts). (Bild: DESY, Cyprian Lothringer)

„Wenn wir in der um­fangrei­chen Da­tenbank mit be­kannten Wirkstof­fen einen Stoff fin­den, der beson­ders gut an eines der Schlüs­selprote­ine bin­det, wer­den For­scher an der Uni­versität Lübeck im Labor untersu­chen, ob er auch die Pro­teinakti­vität hemmt“, berichtet Meents. In einem dritten Schritt testet das Ham­burger Bern­hard-Nocht-Institut für Tro­penme­dizin dann in Zellkultu­ren, ob der Stoff die Virus­vermeh­rung aus­bremst oder gar verhin­dert. Der auf diese Weise gefun­dene Kandidat zur Be­kämp­fung von SARS-CoV-2 könnte erheblich schneller als eine neu ent­wickelte Verbin­dung in klini­schen Studien einge­setzt wer­den.

Wann und ob über­haupt diese Su­che von Erfolg gekrönt sein wird, lässt sich bei der­artigen Studien nicht vorher­sagen. „Norma­lerweise ist so ein Projekt auf etwa zwei Jahre an­gelegt. Wenn man das mit Nach­druck be­treibt, geht es natürlich schnel­ler“, be­richtet Meents und hofft auf ei­nem Glücks­treffer am An­fang der Messrei­hen, der bereits nach ei­nigen Wochen einen ersten mögli­chen Wirk­stoffkan­didaten liefert. Dieser könnte dann in Zellkultu­ren und später in Tiermo­dellen getestet werden. Gleich­zeitig dämpft der For­scher aber auch die Hoff­nung. Die Experi­mente stünden ganz am Anfang der Wirk­stoffent­wicklung, und es sei meis­tens ein langer Prozess bis zum fertigen Medika­ment.

DESY / LK

Weitere Infos

Weitere Beiträge

 

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Meist gelesen

Themen