Das kleinste 3D-gedruckte Endoskop der Welt
Mikro-Optik liefert dreidimensionale Bilder aus dem Inneren von Adern.
Eine im 3D-Druck hergestellte Mikro-Optik mit einem Durchmesser von nur 125 Mikrometern haben Forscher aus Deutschland und Australien gemeinsam entwickelt. Sie ermöglicht erstmals endoskopische Untersuchungen von Cholesterin-Plaques und Thrombosen in Herzkranzgefäßen oder in der Halsschlagader und hilft, die Gefahr eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts frühzeitig zu erkennen.
Endoskopie-Instrumente sind derzeit häufig noch immer so dick wie ein Finger und nicht geeignet, um in feinste Arterien vorzudringen. Abhilfe verspricht die Glasfaser-Technologie, denn die haarfeinen Fasern sind nur 125 Mikrometer dick. Das Hauptproblem ist es dabei, die Glasfaser mit einer Optik zu bestücken, die einen Laserstrahl zur Seite ablenkt, die Gefäßwand abtastet und das reflektierte Licht wieder in die Glasfaser einkoppelt.
Dabei kommt eine Technologie namens „optische Kohärenztomographie“ OCT zum Einsatz, die bereits bei Netzhautuntersuchungen beim Augenarzt verwendet wird. Bei dieser Methode wird ein Laserstrahl, dessen Farbspektrum relativ breit ist, auf das zu untersuchende Gewebe gerichtet, und die Analyse des reflektierten Lichtes ermöglicht eine genaue Tiefenkartierung des untersuchten Gewebes.
Das Forscherteam der Universitäten Stuttgart und Adelaide sowie weiterer Institute in Australien entwickelten jetzt eine 3D-gedruckte Mikro-Optik von nur 125 µm Durchmesser, die direkt auf die Glasfaser gedruckt werden kann. Diese Mikro-Optik ist in der Lage, das Laserlicht zur Seite abzulenken, auf einen Punkt zu fokussieren und gleichzeitig die Laserstrahl-Verzerrung beim Durchgang durch eine kapillarförmige Kunststoff-Hülle, die zum Schutz des Endoskops angebracht ist, zu korrigieren. Mit dem Laserstrahl tastet der Arzt spiralförmig die Innenwand eines Gefäßes ab und bekommt so höchst genaue dreidimensionale Bilder - direkt aus dem Inneren der Ader.
Die so entstandene kleinste komplexe Endoskop-Optik der Welt hat mit Hülle einen Durchmesser von weniger als einen halben Millimeter. Sie wurde von den Forschern in Australien mit ihren OCT-Systemen kombiniert und dann in den beteiligten Kliniken in eine menschliche Halsschlagader sowie in Mäuse-Arterien eingeführt. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sie durch Rotation der Optik in einer flexiblen Hülle extrem hochauflösende, dreidimensionale Aufnahmen der Gefäße machen konnten. Bei der weiteren Untersuchung der Gefäße zeigte sich, dass die wesentlichen Ursachen von Gefäßkrankheiten, nämlich die Plaques sowie die Cholesterin-Kristalle, in den berührungslosen Laser-OCT-Endoskopieaufnahmen schon sehr früh erfasst werden konnten.
Simon Thiele von der Uni Stuttgart, der für das Design der Miniatur-Optik verantwortlich war, glaubt, dass zu den bisher weltweit über 400.000 durchgeführten OCT-Endoskopieuntersuchungen Millionen weitere hinzukommen könnten, da das Miniatur-Endoskop leicht in Adern mit nur 0,5 mm Innendurchmesser eingeführt und gedreht werden kann. „Ich hoffe, dass man Plaque-Ablagerungen in Zukunft rechtzeitig detektieren kann, und vielleicht wird es einmal möglich, mit einem geeigneten Laserstrahl diese Thromben rechtzeitig aufzulösen“, so der Wissenschaftler.
Thiele ist dabei, mit einem Partner die 3D-gedruckten Mini-Optiken in einer Ausgründung zu kommerzialisieren. Die Firma Nanoscribe GmbH aus Karlsruhe, die selbst vor elf Jahren vom KIT ausgegründet wurde, hat den ultrapräzisen 3D-Drucker gebaut. Die Carl Zeiss AG aus Oberkochen hat sich bereits an der Firma Nanoscribe beteiligt. Unterstützt wurden diese Forschungen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, von der Baden-Württemberg-Stiftung, und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst.
U. Stuttgart / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
J. Li et al.: Ultrathin monolithic 3D printed optical coherence tomography endoscope for preclinical and clinical use, Nat. Light Sci. Appl. 9, 124 (2020); DOI: 10.1038/s41377-020-00365-w - Optikdesign und Simulation, Institut für technische Optik, Universität Stuttgart