08.05.2009

Das Zischen der Plasmasphäre

Starke Korrelation zwischen dem plasmasphärischen Zischen und der natürlichen Radiostrahlung aus der äußeren Magnetosphäre vermutet



Natürliche Radiowellen spielen eine wichtige Rolle in der Dynamik der irdischen Strahlungsgürtel. So erzeugt das "plasmasphärische Zischen" den Bereich niedriger Elektronendichte zwischen dem inneren und dem äußeren Van-Allen-Gürtel. Messungen von zwei Satelliten der amerikanischen THEMIS-Konstellation zeigen nun, dass das Zischen der Plasmasphäre seinen Ursprung offenbar weiter außen in der Magnetosphäre hat. Wie ein internationales Forscherteam in der aktuellen Ausgabe von "Science" berichtet, gibt es eine starke Korrelation zwischen dem plasmasphärischen Zischen und einer "Chor" genannten Komponente der natürlichen Radiostrahlung aus der äußeren Magnetosphäre.



Abb.: Magnetosphäre und Plasmasphäre der Erde (Bild: Nasa)


Die Plasmasphäre ist jener Bereich der irdischen Magnetosphäre, der vollständig vom Erdmagnetfeld dominiert wird und deshalb mit der Erde mitrotiert. Sie ist von einem kühlen Plasma erfüllt. Der Plasmasphäre überlagert sind die beiden Strahlungsgürtel. Der innere Van-Allen-Gürtel besteht dabei hauptsächlich aus geladenen Teilchen aus der kosmischen Strahlung, die vom Magnetfeld eingefangen wurden, während der äußere Van-Allen-Gürtel überwiegend durch dynamische Prozesse der Magnetosphäre selbst entsteht.

Bei der Entdeckung der in der Magnetosphäre entstehenden Radiowellen in den 1960er Jahren war es zunächst üblich, die aufgezeichneten Signale über Lautsprecher abzuspielen. Aus dieser Zeit stammen die historischen Bezeichnungen für die verschiedenen Komponenten dieser natürlichen Radiostrahlung: Pfeifen, Rauschen, Zischen, Chor.

Im Gegensatz zu den anderen Komponenten konnte der Ursprung des plasmasphärischen Zischens bislang nicht endgültig geklärt werden. Ein theoretischer Ansatz erklärt das Zischen als aus der äußeren Magnetosphäre nach innen gewanderte Wellen des "Chors". Dieser "Chor" klingt zwar völlig anders: Wie der Name schon andeutet handelt es sich um eine Mischung aus unterschiedlichen Klängen. Aber bei der Wanderung nach innen könnten sich die unterschiedlichen Töne des Chors überlagern und verwischen und so schließlich in ein Zischen verwandeln.

Jacob Bortnik von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen aus den USA, Schweden und Frankreich präsentieren nun Messungen von zwei der insgesamt fünf THEMIS-Satelliten, die diesen Erklärungsansatz zu bestätigen scheinen. THEMIS dient der Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Sonnenwind und irdischer Magnetosphäre. Am 4. Oktober 2008 befanden sich zwei der Satelliten in einer günstigen Position, um sowohl das plasmasphärische Zischen, als auch den "Chor" messen zu können. Dabei zeigte sich, dass die beiden Komponenten stark miteinander korreliert sind - und zwar mit einer zeitlichen Verzögerung, die genau der Ausbreitungszeit von der äußeren Magnetosphäre in die Plasmasphäre entspricht.

Während Bortnik und seine Kollegen den Ursprung des plasmasphärischen Zischens damit als geklärt ansehen, mahnen Ondrej Santolik und Jaroslav Chum vom Institut für Atmosphärenphysik in Prag in einem begleitenden "Perspectives"-Artikel in "Science" zur Vorsicht: Die THEMIS-Daten zeigen zwar in einem kleinen Zeitintervall eine überzeugenden Korrelation, es bleibe jedoch möglich, dass auch andere Prozesse an der Erzeugung des Zischens mitwirken. Deshalb seien weitere Messungen nötig um zu untersuchen, ob der "Chor" tatsächlich die alleinige Quelle des plasmasphärischen Zischens ist.

Rainer Kayser


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