Datenrevolution am Nachthimmel
Mit Astroinformatik die rasch wachsende Datenmenge der Astronomie besser analysieren.
Die Forschungsgruppe „Astroinformatik“ am Heidelberger Institut für theoretische Studien hilft Astronomen, die rasch wachsende Datenmenge mit Methoden aus der Informatik besser zu analysieren. Hierzu benutzen die Wissenschaftler unter anderem Verfahren der künstlichen Intelligenz und entwickeln neue Methoden, die in Großprojekten wie LOFAR und SKA zum Einsatz kommen.
Astroinformatik ist eine junge Disziplin, die ihren Aufstieg dem Computer verdankt: Denn digitale Soft- und Hardware haben die Astronomie in den letzten zwanzig Jahren revolutioniert. Dank neuer Detektoren und innovativer Teleskope können Astronomen heute Objekte in nie dagewesenem Umfang und in hoher Auflösung beobachten. „Doch damit steigt die Zahl der Daten exponentiell an, die der Daten auswertenden Astronomen allerdings nicht“, sagt Kai Polsterer, Leiter der Astroinformatik-Forschungsgruppe am HITS. „Methoden der Informatik können hier helfen.“ Der Physiker und Informatiker entwickelt mit seinem Team Methoden des maschinellen Lernens und Werkzeuge, mit denen Astronomen explorativ arbeiten können.
Ein Beispiel stellt die automatische Extraktion der Rotverschiebung dar. Die Rotverschiebung hilft abzuschätzen, wie weit eine Galaxie entfernt ist. Diese direkt zu messen erfordert einen sehr hohen messtechnischen Aufwand. Um dieses Problem zu lösen, haben die HITS-Astroinformatiker eine Deep Learning-Methode entwickelt, die die Rotverschiebung automatisch aus den zur Verfügung stehenden Aufnahmen extrahiert.
Ein weiteres digitales Werkzeug ist PINK, das Kernstück einer explorativen Methode zur Analyse großer und komplex strukturierter Datensätze, um zum Beispiel Morphologien von Galaxien im Radiowellenlängenbereich besser zu verstehen. PINK wird mittlerweile für die Vorläufer des Square Kilometer Array in Afrika und Australien genutzt. Und auch beim Low Frequency Array LOFAR, einem supercomputergetriebenen Radioteleskop, kommt die Methode zum Einsatz.
Maschinelles Lernen wurde in den letzten Jahren immer populärer. „In der Astronomie fehlt aber oft noch das Know-how“, so Polsterer. „Deshalb bringen wir das Thema den Kollegen mit Tutorials und anderen Formaten näher.“ Das funktioniert am besten auf Konferenzen wie der internationalen Astroinformatics-Konferenz, die Polsterer mit seiner Gruppe in diesem Jahr nach Heidelberg und damit erstmals nach Deutschland holte. Themen wie moderne Datenbanksysteme, Visualisierungen und Augmented Reality, künstliche Intelligenz sowie Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen standen im Mittelpunkt der wichtigsten Veranstaltung dieses Fachgebiets.
Polsterer arbeitet mit seinem Team aktuell an einem neuen Projekt – einer Kombination aus Bauplänen und Werkzeugen. Damit können Astronomen unterschiedlichste Daten explorativ durchforsten und so herausfiltern, was sie interessiert. „Wir wollen den Zugang zu Daten in Archiven revolutionieren. Neben heute noch typischen Datenbankanfragen werden Astronomen schon bald in der Lage sein, die für sie wichtigen Objekte einfacher und intuitiver zu finden.“
HITS / RK