26.03.2018

Datierung mit Tücken

Lumineszenz-Datierungen korrigieren Altersmodell der Klimageschichte.

Das Chinesische Löss-Plateau ist eines der bedeutendsten terrestrischen Klima­archive. Am nördlichen Rand des Plateaus nahe Jingbian führte ein inter­nationales Forschungs­team unter Beteiligung des Leibniz-Instituts für Angewandte Geophysik in Hannover (LIAG) die weltweit bisher umfang­reichsten und genauesten Lumineszenz-Datierungen durch. Diese helfen, die Prozesse zu verstehen, die den Ost­asiatischen Monsun beeinflussen. Die Analysen zeigen, dass bisher verwendete Methoden zur Alters­bestimmung sehr ungenau sind. Somit muss das derzeit gültige Modell für den jüngsten Zeit­abschnitt der Erd­geschichte korrigiert werden.

Abb.: Probenahmen im Chinesischen Löss-Plateau nahe Jingbian (Bild: LIAG)

Eine genaue Kenntnis der Erdgeschichte ist nicht nur essentiell, um Klima­änderungen der Vergangen­heit besser zu verstehen, sie ist gleich­zeitig die Basis für aussage­kräftige Modelle über die künftige Entwicklung des Klimas. Vor diesem Hintergrund datierten Wissenschaftler aus Schweden, Dänemark, Deutschland, Ungarn und China insgesamt 220 Bodenproben aus der näheren Umgebung von Jingbian. Der Ort liegt südlich der Mu-Us-Wüste und am nördlichen Rand des Chinesischen Löss-Plateaus. Das Plateau dort ist geprägt von meter­tiefen, feinen Sand­ablagerungen, die der Wind über tausende Jahre hinweg aus der Wüste herangetragen hat. In diesen Löss­ablagerungen erfahren Forscher Details über die Geschichte der klimatischen Entwicklungen des jüngsten Erdzeitalters, des Quartärs. Ihr Blick reicht in Jingbian bis zu 250.000 Jahre zurück. Die Sedimentproben wurden mittels hoch­auflösender optisch stimulierter Lumineszenz-Verfahren analysiert. Dabei werden sowohl der Quarz als auch der Feldspat der Proben im Labor mit Licht einer geeigneten Wellenlänge bestrahlt.

Sehr genau erkennen die Forscher in diesem Zeitfenster die Staub­dynamiken, welche durch den Ost­asiatischen Monsun bestimmt werden. In Kalt­zeiten mit hohem Eis­volumen ist das Sibirische Hoch besonders ausgeprägt und damit der Ost­asiatische Winter­monsun, so dass sich mächtige Löss­ablagerungen ansammeln. Sinkt das Eis­volumen, so sind der Winter­monsun und damit die Ablagerungs­rate nur sehr gering. Mit steigenden Temperaturen und abnehmendem Eis­volumen verstärkt sich dagegen der Ost­asiatische Sommer­monsun. Starker Regen trägt die Lösse ab, und in den Zeit­reihen entstehen Lücken von bis zu 60.000 Jahren, welche herkömmliche Datierungs­methoden bisher nicht abbilden konnten. Weiter wurde deutlich, dass das System Erde in diesem Prozess träge reagiert. Nachdem sich das Eis­volumen verändert hat, vergehen etwa 5000 Jahre, bis sich die Dynamik des Sommer­monsuns umstellt.

„Die Erkenntnisse sind nicht nur für das Klima in Asien wichtig. Im System Erde wirken solche regionalen Änderungen meist auf globaler Ebene weiter. Frühere Studien in China haben uns zum Beispiel verdeutlicht, dass das Ost­asiatische Klima­system mit dem Nord­atlantischen Klima­system gekoppelt ist, welches wiederum die klimatischen Bedingungen in unseren Breiten bestimmt.“ so Christine Thiel vom LIAG.

Jingbian ist derzeit ein definierter Referenz­punkt für das Quartär in der international verbindlichen, geologischen Zeit­skala der International Commission on Stratigraphy. Aufgrund der Randlage Jingbians zwischen Wüste und Löss-Plateau sind die beschriebenen Klima­phänomene besonders komplex. Grund­legende Hypothesen geraten ins Wanken und müssen neu überdacht werden. So wird der Ost­asiatische Sommer­monsun in Jingbian nicht – wie bisher angenommen – allein von der Rotations­achse der Erde und damit von der Intensität der Sonnen­einstrahlung angetrieben. Neben der Sonnen­einstrahlung wirken das Eis­volumen und der CO2-Gehalt der Atmosphäre entscheidend auf die Stärke und Dauer des Sommer­monsuns. Aus diesem Grund ist der Standort weniger gut als Referenz­punkt für ein Alters­modell geeignet als ein weiter im Zentrum des Plateaus gelegener Ort.

LIAG / DE

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