Dekarbonisierung der Schifffahrt
Neues Institut für Maritime Energiesysteme entwickelt neue Technologien für alle Schiffstypen.
Schiffe transportieren mehr als achtzig Prozent des globalen Frachtaufkommens. Die meisten Schiffe fahren mit Schweröl als Treibstoff. Sie erzeugen dabei knapp drei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes. Dazu kommen Kreuzfahrtschiffe, die ebenfalls zu den klimaschädlichen CO2-Emissionen beitragen. Das soll sich ändern: Das neue Institut für Maritime Energiesysteme im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt Technologien für eine Dekarbonisierung der Schifffahrt – für alle Schiffstypen. Das Institut in Geesthacht (Schleswig-Holstein) wurde am 28. Mai 2021 mit einer virtuellen Veranstaltung eröffnet.
„In unserem neuen Institut in Geesthacht werden die Weichen gestellt für den Seeverkehr der Zukunft. Dieser soll möglichst wenig Emissionen verursachen und über einen geschlossenen Stoffkreislauf verfügen“, erläutert Anke Kaysser-Pyzalla, die Vorstandsvorsitzende des DLR. „Dabei wird das gesamte System der Infrastruktur betrachtet, vom Hafen bis hin zur Energieerzeugung auf dem Schiff. So wird das Institut neben der Nutzung alternativer Treibstoffe unter anderem die Versorgung und den Antrieb mit Wasserstoff untersuchen.“
Das DLR erweitert mit dem neuen Institut seine Forschung zur Schifffahrt. In Geesthacht werden Ozeanriesen, Kreuzfahrtschiffe, kleinere Binnenschiffe oder Yachten gleichermaßen und ganzheitlich betrachtet. Die Arbeit liefert Impulse für Werften, Schiffsausrüster, Reeder oder Hafenbetreiber zu einer umweltfreundlicheren Schifffahrt.
In einer Videobotschaft sagte Ministerpräsident Daniel Günther: „Frachtverkehr auf See, Kreuzfahrten und Fährverkehre nehmen zu. Immer mehr geht es darum, wie erneuerbare Energien sinnvoll und effizient auf den Schiffen eingesetzt werden und Emissionen in Richtung Null gesenkt werden können. Sie werden in Geesthacht Antworten auf einige der drängendsten Fragen unserer Wirtschaft und Umwelt entwickeln. Deshalb fördert die Landesregierung den Aufbau des Instituts mit 15 Millionen Euro und übernimmt einen Teil der jährlichen Finanzierung. Wir freuen uns auf Ihre Arbeit und heißen Sie in Schleswig-Holstein herzlich willkommen.“
Das DLR-Institut hat seinen Standort im Innovations- und Technologiezentrum (GITZ) auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrums Hereon. Aktuell 13 Mitarbeiter bauen die Infrastruktur des Instituts auf. In einer Halle werden Versuchsumgebungen für containerbasierte Energiesysteme eingerichtet. Langfristig soll das Institut 250 Mitarbeiter in den vier Abteilungen Energiekonverter und -Systeme, Energie-Infrastrukturen, Virtuelles Schiff und System-Demonstration beschäftigen.
„In der Schifffahrt wollen wir bereits deutlich vor 2050 emissionsfrei werden. Ziel der Bundesregierung ist dabei, dass das erste emissionsfreie Kreuzfahrtschiff „Made in Germany“ als Leuchtturm schon 2030 Wirklichkeit wird. Wenn uns das mit innovativen Lösungen und Technologien gelingt, haben wir den Grundstein für die Emissionsfreiheit der gesamten Flotte unabhängig vom Schiffstyp gelegt. Auf dem Weg dahin gilt es aber zunächst Schweröl als Energieträger zu ersetzen, um die damit verbundenen Emissionen zu vermeiden. Hierfür brauchen wir auch Lösungen für die Nachrüstung von Schiffen, die bereits im Einsatz sind. Bei alledem wird das neue DLR-Institut für Maritime Energiesysteme einen wichtigen, anwendungsorientierten Beitrag zur Umsetzung der ambitionierten Klimaziele der Bundesregierung im Verkehrsbereich leisten“, sagt Norbert Brackmann, Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft.
Das Institut für Maritime Energiesysteme plant, ein Motorschiff bauen zu lassen, auf dem verschiedene alternative Antriebe erprobt werden. Der schwimmende Demonstrator soll die Entwicklung von Systemen und Komponenten für die Binnen- und Seeschifffahrt so weit voranbringen, dass diese in naher Zukunft weltweit eingesetzt werden können. Ein „digitaler Zwilling“ wird als virtuelles Schiff die Forschung vervollständigen. In der Simulation können Versuche sicher und effizient durchgeführt werden. So können zum Beispiel die Nutzungsbedingungen bei extremem Klima vorhergesagt werden. Der „digitale Zwilling“ erlaubt Tests in Grenzbereichen und vermindert die Zahl der notwendigen realen Versuche. Außerdem wird die Skalierung der Systeme auf große Containerschiffe ebenso wie auf kleinere Binnenschiffe oder andere Schiffstypen möglich.
DLR / DE