Dem Rätsel der Wolken auf der Spur
Messkampagne im Südpazifik soll offene Fragen zu Klimamodellen klären.
In der Bucht von Te Waewae in der Nähe von Waihōpai (Invercargill) finden im November ungewöhnliche Aktivitäten statt. Im äußersten Süden Neuseelands werden umfangreiche Messungen zur Untersuchung der Atmosphäre durchgeführt. Der Standort wurde ausgewählt, um menschliche Umwelteinflüsse zu minimieren und Luftmassen, die aus der Region des Südlichen Ozeans stammen, beobachten zu können. Die Forschungsarbeiten werden gemeinsam vom National Institute of Water and Atmospheric Research (NIWA) in Neuseeland und dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (Tropos) in Deutschland geleitet. Gefördert werden die Untersuchungen zwei Jahre lang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
An den Aktivitäten beteiligt sind auch Wissenschaftler des Instituts für Meteorologie und Klimatologie der Leibniz-Universität Hannover, der University of Canterbury und der University of Auckland. Die Messkampagne hatte sich durch die COVID-19-Pandemie verschoben, da Neuseeland Anfang 2020 ein strenges Einreiseverbot verhängt hatte und die letzten Einschränkungen erst im Herbst 2022 aufgehoben wurden.
Das deutsche Team hat einen Container mit Ausrüstung zum Standort geschickt, und die einheimischen Teammitglieder haben Instrumente aus anderen Teilen von Aotearoa, Neuseeland, mitgebracht. Das Team führt eine Vielzahl von Messungen vom Boden und von einem Fesselballon aus durch, der bis zu einer Höhe von etwa 1,5 Kilometer aufsteigt.
Die Beteiligten erhoffen sich davon wertvolle Daten über Partikel in der Luft, Turbulenzen und meteorologische Bedingungen in der marinen Grenzschicht – der Schicht der Atmosphäre, die in direktem Kontakt mit dem Ozean steht. Diese Faktoren beeinflussen alle die Bildung von Wolken. Die Ergebnisse werden dazu beitragen, die Klimamodellvorhersagen für die südliche Hemisphäre zu verbessern.
Guy Coulson vom NIWA erklärt: „Die Wolken des Südlichen Ozeans werden in den Klimamodellen regelmäßig falsch dargestellt. Vergleiche mit Satellitendaten zeigen, dass die Wolken in den Modellen über dem Südlichen Ozean zu viel Sonnenlicht auf die Meeresoberfläche gelangen lassen. Dies führt dazu, dass die Meeresoberflächentemperatur überschätzt, die Meereisausdehnung unterschätzt, die Meeresströmungen falsch dargestellt und die Tiefdruckgebiete in den Modellen nach Süden verschoben werden.“
Frank Stratmann vom Tropos ergänzt: „Wir vermuten, dass hier die Wechselwirkungen zwischen Wolken und Aerosolpartikeln biologischen Ursprungs eine größere Rolle als auf der Nordhalbkugel spielen. Unser Institut hat ähnliche Untersuchungen bereits an der Südspitze Südamerikas, im Südpolarmeer und in der Antarktis durchgeführt. Die Messungen in Neuseeland sind ein weiteres wichtiges Teil des Puzzles.“
Gunter Seckmeyer von der Leibniz-Universität Hannover fügt hinzu: „Bereits seit über zwanzig Jahren sehen wir, dass die Bewölkung in Neuseeland ganz anders als in Europa ist, was zu einer viel höheren Einstrahlung führt, vor allem im UV-Bereich. Wir erhoffen uns von den Messkampagnen weitere Aufschlüsse über die Ursachen der ungewöhnlich großen Unterschiede.“
Die Forscher werden bereits erste Ergebnisse im Dezember auf der Konferenz der NZ Hydrological Society und der Meteorological Society NZ in Dunedin (Ōtepoti) sowie auf einer Pressekonferenz in Leipzig vorstellen. Die Arbeiten in diesem November dienen außerdem als Auftakt für eine größere Messkampagne im Jahr 2025. Bei dieser Kampagne werden von deutscher Seite auch das Forschungsflugzeug HALO (Kampagne HALO-South) und voraussichtlich das Forschungsschiff Sonne (Kampagne Sonne-South) teilnehmen.
Tropos / DE