01.04.2022

Den Förster-Zyklus aufgeschlüsselt

Ultraschnelle Röntgenspektroskopie gibt Einblick in Veränderungen der elektronischen Struktur von Photosäuren.

Wissenschaftler des Max-Born-Instituts in Berlin, der Universität Stockholm, der Universität Hamburg, des Helmholtz-Zentrums Berlin, der Ben-Gurion-Universität des Negev in Beersheva und der Universität Uppsala haben nun erfolgreich einen neuartigen kombinierten experimentellen und theoretischen Ansatz verfolgt, um die elektronischen Ladungs­verteilungen von Photo­säuren entlang der vier Stadien der Photosäuren zu untersuchen, die einen direkten mikroskopischen Einblick in die elektronischen Strukturänderungen der protonen­spendenden Amingruppe eines Aminopyren-Derivats in wässriger Lösung ermöglichen.

 

Abb.: Simulierte Änderungen der Ladungs­verteilung der APTS-Photo­säure...
Abb.: Simulierte Änderungen der Ladungs­verteilung der APTS-Photo­säure (Bild: MBI)

Photosäuren sind Moleküle, die nach elektronischer Anregung ein Proton freisetzen und so den Säuregrad einer Flüssigkeit erhöhen. Die Pionier­arbeit von Theodor Förster hat für solche Moleküle die direkte Beziehung zwischen der Wellenlänge der optischen Absorption und den Säure­eigenschaften aufgezeigt, mit der die Erhöhung des Säuregrades im ersten elektronisch angeregten Zustand quantifiziert werden kann. Zugrunde­liegende vollständige Beschreibungen der mikroskopischen Effekte, die das Photosäure-Phänomen erklären, sind jedoch seither spärlich geblieben. Ultraschnelle Röntgen­spektroskopie, bei der die elektronische Struktur einer protonen­liefernden Gruppe einer aromatischen Amin-Photosäure lokal untersucht wird, hat nun einen direkten Einblick in die Veränderungen der elektronischen Struktur ermöglicht. Die seit langem offene Frage nach der Photo­azidität ist nun endlich geklärt: Die wichtigsten elektronischen Struktur­änderungen finden auf der Basenseite des Förster-Zyklus statt, während die Säureseite eine untergeordnete Rolle spielt.

Photosäuren sind seit mehr als siebzig Jahren bekannt. Theodor Förster war der erste, der die Beobachtungen der Absorptions- und Fluoreszenz­spektren von Photosäuren korrekt beschrieb und die Positionen der elektronischen Übergänge, die zu optischen Absorptions­banden führen, mit den erhöhten Säure­eigenschaften von Photosäuren im elektronisch angeregten Zustand in Verbindung brachte. In den folgenden Jahrzehnten wurden zahlreiche Forschungs­arbeiten durchgeführt, doch abgesehen von quanten­chemischen Berechnungen von Photosäure­molekülen mittlerer Größe, die sich auf die intramolekularen elektronischen Ladungs­verteilungs­änderungen der protonen­liefernden Anteile von Fotosäuren konzentrierten, blieben die mikroskopischen Erkenntnisse begrenzt. Einige dieser Studien haben – in Über­einstimmung mit früheren Vorschlägen, die auf physikalisch-organischen Prinzipien beruhen – gezeigt, dass die Auswirkungen der elektronischen Anregung auf der konjugierten Photo­basenseite des Förster-Zyklus viel ausgeprägter sind.

Wissenschaftler des Max-Born-Instituts in Berlin, der Universität Stockholm, der Universität Hamburg, des Helmholtz-Zentrums Berlin, der Ben-Gurion-Universität des Negev in Beersheva und der Universität Uppsala haben nun erfolgreich einen neuartigen kombinierten experimentellen und theoretischen Ansatz verfolgt, um die elektronischen Ladungs­verteilungen von Photosäuren entlang der vier Stadien der Photosäuren zu untersuchen, die einen direkten mikroskopischen Einblick in die elektronischen Strukturänderungen der protonen­spendenden Amingruppe eines Aminopyren-Derivats in wässriger Lösung ermöglichen. Die K-Kanten-Röntgen­absorptions­spektren der Stickstoffatome des Moleküls wurden am Synchrotron BESSY II im Trans­missions­modus gemessen, um die elektronische Struktur auf ultrakurzen Zeitskalen lokal zu untersuchen.

Zusammen mit quantenchemischen Berechnungen ergeben diese Ergebnisse ein konsistentes Bild des Photo­säure­verhaltens: Die Änderung der elektronischen Ladungs­verteilungen der protonen­spendenden Gruppe im angeregten Zustand sind auf der Photosäureseite nur gering, wobei sie auf der konjugierten Photo­basenseite erheblich stärker ausfallen. Die Änderung des Gesamt­dipol­moments des gesamten Moleküls ist jedoch ebenso wichtig wie die Änderungen der lokalen Ladungs­verteilung, so dass die Solvatations­dynamik durch das Lösungs­mittel Wasser der zweite wichtige Faktor ist, der die Stärke einer Photosäure bestimmt.

MBI / DE

 

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