09.02.2022

Den Sternenhimmel bewahren

Weltweite Astronomiegemeinde richtet Appell an die UN zum Schutz des dunklen und funkstillen Nachthimmels.

Eine internationale Kooperation unter Beteiligung der ESO hat dem UN-Komitee zur friedlichen Nutzung des Weltraums (COPUOS – Committee on the Peaceful Uses of Outer Space) ein neues Papier vorgelegt, mit dem ein besserer Schutz des dunklen, stillen Himmels angestrebt wird. Das Papier wurde heute auf der Sitzung des wissenschaftlichen und technischen COPUOS-Unter­ausschusses zur Diskussion angenommen. Zum ersten Mal wurde der dunkle und stille Himmel als formeller Tagesordnungspunkt den UN vorgelegt. Das Papier, das von Chile, Spanien und der Slowakei unterstützt wird, ermutigt die internationale Gemeinschaft, die weltweiten astronomischen Beobachtungs­möglichkeiten vor zerstörerischen und schädlichen künstlichen Störungen zu schützen.

 

Abb.: Farbenspiel am Abend­himmel vor der Dunkel­heit (Bild: P. Horálek /...
Abb.: Farbenspiel am Abend­himmel vor der Dunkel­heit (Bild: P. Horálek / ESO)

Der Nachthimmel bietet dem glücklichen Betrachter eine reiche Sternenpracht, aber im Lauf der letzten Jahrzehnte hat sich ihre Qualität in Folge von wachsender bodenbasierter Licht­verschmutzung verschlechtert. Nun taucht eine neue Bedrohung auf: die große Anzahl von Satelliten, die in erdnahe Umlaufbahnen gebracht werden. Bis zu 100.000 Satelliten könnten in den kommenden zehn Jahren in diese Umlaufbahnen gelangen. Auch wenn sie für globale Kommunikations­netzwerke wichtig sind, können diese Satelliten die Astronomie aufgrund ihrer bloßen Anzahl, ihrer Helligkeit am Himmel und ihrer allgegenwärtigen Funkstrahlung stören. Sie können insbesondere solche Messungen beeinträchtigen, die Beobachtungen in der Dämmerung erfordern, wie etwa die Suche nach erdbedrohenden Asteroiden.

In den 2030er Jahren könnten möglicherweise jederzeit mehr als 5000 Satelliten über einem typischen Observatorium in den mittleren Breiten nachweisbar sein. Das wird auf allen Weitfeld-Bildern, die in der Dämmerung aufgenommen wurden, erkennbar sein, außer auf denen, die mit den kleinsten optischen Teleskopen gemacht wurden. Große Satelliten-Konstellationen stellen auch eine Herausforderung für die Radio­astronomie dar. Die schiere Anzahl neuer Satelliten wird zu Tausenden zusätzlicher Funksender führen, die die Messungen hochempfindlicher Radio­teleskope beeinflussen. Es besteht ein eindeutiger Bedarf an besserer globaler Koordination, Richtlinien und Gesetzen zum Schutz des dunklen Himmels, aber auch für einen funkstillen Himmel.

Das Papier, das dem COPUOS-Unterausschuss präsentiert wurde, skizziert vier Haupt­maßnahmen gegen die Auswirkungen von Satelliten auf astronomische Observatorien: anerkennen, dass boden- und weltraum­gestützte astronomische Forschung eine wesentliche Rolle bei der Erkundung des Weltalls spielen; die Aufmerksamkeit der Regierungen auf den Schaden lenken, der durch die unkontrollierte Ausdehnung von künstlichem Licht in der Nacht entsteht; unterstützen der Annahme einer ganzen Reihe freiwilliger Leitlinien zu bewährten Verfahren für die Betreiber von Satelliten-Konstellationen; sicherstellen, dass die „Auswirkungen von Satelliten-Konstellationen auf astronomische Einrichtungen“ auf die Agenda des wissenschaftlich-technischen Unter­ausschusses gesetzt werden, bis das Problem zufriedenstellend gelöst ist.

Das Papier wurde von der ESO, der Internationalen Astronomischen Union (IAU) und dem Square Kilometre Array Observatory (SKAO) gemeinsam unterzeichnet und wird auf der 59. Sitzung des COPUOUS Scientific and Technical Subcommittee diskutiert. Dieses wird internationalen Delegierten die Gelegenheit geben, mögliche zukünftige Maßnahmen zum Schutz des dunklen und stillen Nachthimmels zu verarbeiten, zu diskutieren und zu skizzieren. Die Diskussion ist ein zentraler Schritt, um internationale Gesetzgeber in globale Schutz­maßnahmen für die Astronomie einzubeziehen.

Ein internationaler Ansatz ist essentiell für den Schutz des dunklen und stillen Himmels. Gemeinsame Anstrengungen von Regierungen, Industrie und Astronomen sind erforderlich. Auch Privatpersonen, deren Zugang zum Himmel aus wichtigen kulturellen Gründen erhalten bleiben soll, können an der Kampagne mitwirken. Die ESO, ein ständiger Beobachter bei COPUOS, hat sich konsequent für politische Maßnahmen zum Schutz des dunklen und stillen Himmels eingesetzt.

„Es ist für die ESO von entscheidender Bedeutung, Mitglied von COPUOS zu sein, denn dort können wir uns bei politischen Entscheidungsträgern für die Astronomie einsetzen“, sagt Andrew Williams, ESO-Beauftragter für Außen­beziehungen, der die ESO bei COPUOS vertritt. „Mit der Aufnahme des dunklen und stillen Himmels als Tages­ordnungspunkt, haben wir dieses Problem in den Vordergrund gerückt und sichergestellt, dass Regierungen weltweit die Bedürfnisse der astronomischen Gemeinschaft hören.“

Die Empfehlungen, die in dem Papier skizziert werden, stützen sich auf einen neuen Bericht der Dark und Quiet Skies Working Group, eines internationalen Zusammen­schlusses unter der Leitung der IAU, an dem ESO-Wissenschaftler sowie Politikexperten beteiligt sind. Der Bericht untersucht, wie politische Maßnahmen umgesetzt werden können, um die Auswirkungen von Satelliten-Konstellationen auf die Astronomie zu verringern.

„Wir hoffen, dass der wissenschaftliche und technische COPUOS-Unter­ausschuss die vier vorgeschlagenen Maßnahmen annimmt“, sagt ESO-General­direktor Xavier Barcons. „Dies wird uns der gesetzlichen, globalen Änderung näherbringen, die nötig ist, um das Erbe unseres Nachthimmels zu bewahren.“

MPIA / DE

 

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