15.05.2013

Der Freund des Atoms

Am 15. Mai wäre der Physiker, Pionier der Weltraummedizin und „Fernsehprofessor“ Heinz Haber 100 Jahre alt geworden.

Der am 15. Mai 1913 in Mannheim geborene Heinz Haber startete seine Karriere als Physiker, aber spätestens seit den Sechzigerjahren galt er als Inbegriff des „Fernsehprofessors“, wie er später von Hoimar von Ditfurth und heutzutage von Harald Lesch verkörpert wird. Zum 100. Geburtstag des Pioniers der modernen Wissenschaftsvermittlung in Deutschland und darüber hinaus widmet ihm die Stadt Mannheim bis 31. Juni unter dem Titel „Von Mannheim zu den Sternen“ eine Ausstellung im Foyer des Planetariums, das auf seine Initiative hin entstand.

Ab 1932 studierte Heinz Haber Physik und Astronomie in Leipzig, Heidelberg und Berlin und arbeitete schon während des Studiums als Assistent am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für physikalische und Elektrochemie in Berlin-Dahlem. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er Reserveoffizier bei der Luftwaffe, kehrte aber 1942 nach einer Verwundung an das KWI zurück. Dort beschäftigte er sich im Rahmen seiner Dissertation mit dem „Energieaustausch zwischen Translation und Rotation durch Stöße“ und habilitierte sich 1944 mit einer theoretischen Arbeit zur Gitterspektroskopie.

Nach dem Krieg kam er wie viele andere Wissenschaftler und Ingenieure im Rahmen der Aktion „Paperclip“ in die USA, wo er von 1946 bis 1952 an der US Air Force School of Aviation Medicine in Randolph Field (Texas) arbeitete. Dort legte unter anderem mit seinem Bruder Fritz (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Chemie-Nobelpreisträger) im Jahr 1950 die Grundlagen für Parabelflüge, mit denen sich an Bord von Flugzeugen für kurze Zeit Schwerelosigkeit erreichen lässt, insbesondere für das Training zukünftiger Astronauten und wissenschaftliche Experimente.

Heinz Haber (links) im Jahr 1954 mit Wernher von Braun (Mitte) und dem...
Heinz Haber (links) im Jahr 1954 mit Wernher von Braun (Mitte) und dem Wissenschaftsautor Willy Ley. (Foto: NASA)

Über seine Arbeit als technischer Berater für Walt Disney fand Heinz Haber den Weg zum Wissenschaftspopularisierung. Für Disney produzierte er unter anderem den Film „Our Friend the Atom“ (1956), der auf Initiative der US-Regierung das Image der Atomenergie aufpolieren sollte. In diesem Film demonstrierte Haber das Prinzip der Kettenreaktion auf ebenso einfache wie anschauliche Weise mit Tischtennisbällen und Mausefallen. Diese Idee griff viele Jahre später auch die „Sendung mit der Maus“ wieder auf.

Ende der Fünfzigerjahre kehrte Haber nach Deutschland zurück, wo er sich nun endgültig auf eine Medienkarriere konzentrierte. In zahlreichen Fernsehsendungen und Büchern brachte er nun einer breiten Öffentlichkeit vor allem Themen aus Physik, Astronomie und nicht zuletzt Raumfahrt näher. 1964 begründete er die populärwissenschaftliche Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“, in der er regelmäßig auch mathematischen Spielereien präsentierte.

Schon früh befasste sich Haber mit den drängenden globalen Problemen wie Treibhauseffekt oder Bevölkerungsexplosion. Zeitlebens blieb er ein Befürworter der Atomenergie, auch nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl. Umso erstaunlicher ist, dass ihn seit seiner Zeit in den USA eine jahrzehntelange enge Freundschaft mit dem Wissenschaftspublizisten Robert Jungk verband, der am 11. Mai 2013 hundert Jahre alt geworden wäre. Jungk war ein entschlossener Kritiker der Atomenergie und hat mit seinem Buch „Der Atomstaat“ die Antiatom-Bewegung nachhaltig geprägt. Trotz ihrer sehr gegensätzlichen Haltungen blieben Haber und Jungk in ihren leidenschaftlichen Diskussionen über Menschheitsprobleme und mögliche Wege in die Zukunft immer fair und respektvoll.

Einige der Dispute, die Haber und Jungk in den Achtzigerjahren führten, hat der ehemalige Chefredakteur von Bild der Wissenschaft, Wolfram Huncke, damals aufgezeichnet und nun in Buchform veröffentlicht. Viele der diskutierten Themen sind heute noch ebenso aktuell wie Habers Eintreten für eine „öffentliche Wissenschaft“ im Dezember-Heft 1969 der „Physikalischen Blätter“, das dem Schwerpunktthema „Wissenschaft und Publizistik“ gewidmet war. Unter dem Begriff „Öffentliche Wissenschaft“, verstand Haber „in erster Linie die Erkenntnis, dass die Naturwissenschaften und die Anwendung ihrer Ergebnisse auf unser Schicksal eine Sache der Öffentlichkeit geworden sind.“ Daher betonte er: „Diese Dinge gehen jeden etwas an.“

Alexander Pawlak
 

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