Der (Radio-)Himmel über Afrika
Deutsches Empfängerprojekt für MeerKAT, das empfindlichste Radioteleskop der Südhalbkugel für den Zentimeterwellenbereich.
Radioastronomie ermöglicht einen gegenüber dem sichtbaren Licht völlig unabhängigen Einblick in unser Universum. Sie erlaubt die Untersuchung von Objekten und Abläufen im Kosmos, die sonst nicht zugänglich sind; dadurch wird die Untersuchung eines weiten Spektrums von Fragen zur Astrophysik und Fundamentalphysik möglich. Eingegrenzt wird das Ganze durch die Empfindlichkeit der derzeitigen Radioteleskope, aber auch Faktoren wie Zugänglichkeit der Himmelsregionen, Zeit- und Frequenzauflösung, Datendurchsatz (bzw. Geschwindigkeit von Himmelskartierungen) und Komplementarität zu bereits bestehenden Einrichtungen spielen eine wichtige Rolle. Zur Zeit gibt es eine Reihe von Initiativen, Fortschritte bei allen diesen Faktoren zu erreichen. Eine Entwicklung an vorderster Front stellt dabei das MeerKAT-Radioobservatorium in Südafrika dar, das nach seiner Fertigstellung ein Weltklasseobservatorium ist.
Abb.: 408MHz-Radiobild des Himmels mit überlagerten Pulsar-Positionen (Punkte). Die neuen Empfänger dienen speziell der Suche nach ungewöhnlichen Pulsarsystemen als Laboratorien für Fundamentalphysik. (Bild: MPIfR / Haslam et al. 1982 / Cherry Ng)
MeerKAT wird dabei sogar noch etwas empfindlicher sein als die größten beweglichen Einzelteleskope auf der Nordhalbkugel der Erde, das 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg und das Green-Bank-Teleskop in West Virginia. Darüber hinaus wird es eine räumliche Auflösung haben, vergleichbar mit einem Radioteleskop von acht Kilometern Durchmesser. Mit diesen Eigenschaften wird MeerKAT über ein enormes wissenschaftliches Potential verfügen.
„Das MeerKAT-Empfängerprojekt an unserem Institut wird ein Empfangssystem bereitstellen, das in hervorragender Weise auf die Forschungsinteressen unserer Wissenschaftler ausgerichtet ist“, sagt Gundolf Wieching, Leiter der Elektronikabteilung am MPIfR, wo der neue Empfänger gebaut wird. „Dadurch wird es uns möglich, das volle Potential des Empfängers auszunutzen und es bringt die Max-Planck-Astronomen in eine optimale Position, sich zukünftige Forschungseinrichtungen nutzbar zu machen.“
Das bereits finanzierte Empfangssystem für einen Radiofrequenzbereich von 1,6 bis 3,5 GHz ermöglicht wissenschaftliche Untersuchungen, die in ein zentrales Interessensgebiet des MPIfR fallen. „Unsere Forschungsinteressen liegen im Bereich Fundamentalphysik mit Tests von Theorien der Gravitation und dem Nachweis von Gravitationswellen über Pulsarbeobachtungen“, sagt Michael Kramer, MPIfR-Direktor der Forschungsabteilung Radioastronomische Fundamentalphysik. „Von dem neuen Empfängerprojekt erwarten wir uns einen vielfältigen wissenschaftlichen Fortschritt bei den Pulsaren, aber auch in anderen Bereichen der Astronomie.“ Dies umfasst die Erforschung von dynamischen Veränderungen am Radiohimmel, z. B. mit der Entdeckung von kurzzeitigen Radiostrahlungsausbrüchen in kosmologischen Entfernungen, sowie hochempfindliche Molekülspektroskopie des interstellaren Mediums oder hochauflösende Bilder von Radioquellen mit „Very Long Baseline Interferometry“ (VLBI). Für jede dieser Forschungsrichtungen allein sind Beobachtungen mit MeerKAT schon extrem wünschenswert, zusammengenommen ergibt sich ein überzeugender Hintergrund für eine hervorragende Positionierung von Max-Planck-Astronomen in diesem hochaktuellen Forschungsbereich.
Abb.: Eine MeerKAT-Radioantenne und der afrikanische Nachthimmel, aufgenommen im März 2014 (Bild: SKA-SA)
Zusätzlich zur Bereitstellung des Frontends wird das komplette Empfängerprojekt auch Design und Aufbau eines modernen digitalen Backend-Systems beinhalten; dadurch MeerKAT zu einer Entdeckungsmaschine für Pulsare und andere zeitabhängige Phänomene in der Astrophysik. Der Empfänger wird am MPIfR entworfen und aufgebaut, in Zusammenarbeit mit Kollegen von den Universitäten in Manchester und Oxford. „Dieses Projekt ist eine Bestätigung für die herausragende Qualität von MeerKAT und dem südafrikanischen Team, von dem das Teleskop entworfen und gebaut wurde“, schließt Bernie Fanaroff, der Direktor des SKA-Südafrika-Projekts. „Wir freuen uns über die starke und noch weiter wachsende Zusammenarbeit zwischen südafrikanischen und deutschen Forschern im Bereich Astronomie.“
MPIfR / OD