13.11.2019 • Plasma

Der schwerelose Tanz der Mikroteilchen im Neonplasma

Plasmakristall-Experimente auf der ISS liefern Erkenntnisse für Fusionsplasmen und Mars-Explorationen.

Zurzeit sind auf der Internationalen Raumstation ISS die Plasmateilchen los: vom 10. bis 16. November 2019 führt der russische Kosmonaut Alexander Skvorzow eine neue Experimentreihe mit dem Plasmakristall-Labor PK-4 durch. Unter der Leitung von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zeichnet Skvorzow auf, wie Mikroteilchen schwerelos durch ein Neonplasma tanzen, Strukturen bilden und dadurch Einblicke in grundlegende physikalische Prozesse geben.

Abb.: Die Internationale Raumstation ISS und das hier hellblau reflektierende...
Abb.: Die Internationale Raumstation ISS und das hier hellblau reflektierende Columbus-Labor der ESA vor der unbeleuchteten Erde. (Bild: ESA/NASA)

Gespannt verfolgen die Wissen­schaftler vom Kontroll­zentrum CADMOS in Toulouse, Frankreich aus den Ablauf. Die wichtigste Aufgabe des Kosmonauten ist es, die Messung im richtigen Augenblick zu starten, d.h. die Mikro­teilchen durch das ionisierte Gas zu schicken und den Reigen der „komplexen Plasmen“ auf dem Bildschirm einzufangen. Praktische Erfahrung bringt Skvorzow bereits mit, der zurzeit seinen dritten Langzeit­aufenthalt auf der ISS absol­viert. Während seiner ersten Mission 2010 hatte er Plasma­kristall-Experimente mit dem Vorgänger-Labor PK-3 Plus durchgeführt, hier in deutsch-russischer Kooperation. Das aktuelle Labor PK-4 ist im europäischen Columbus-Modul der Inter­nationalen Raumstation installiert und bietet als Multi-Purpose-Multi-User-Facility vielfältige Möglich­keiten für die Plasma­forschung unter Schwere­losigkeit.

Hauptziel der DLR-Forschungs­gruppe Komplexe Plasmen ist es, Lehrbuch­wissen der Zukunft zu erzeugen. Die Plasma­kristall-Experimente offenbaren als Modellsystem die Dynamik von Flüssig­keiten und Festkörpern. Diese Grund­lagen­forschung ist auch für das Verständnis von komplexem Plasma wichtig, das als ein eigener Aggregats­zustand der weichen Materie entdeckt wurde – mithilfe von Weltraum­experimenten. Darüber hinaus gibt es auch natürliche komplexe Plasmen, sogenannte „staubige Plasmen“. Sie treten in der Natur auf, beispiels­weise als Blitze in Vulkan­eruptionen, und können künstlich im Labor hergestellt werden. Dies schafft Grund­lagen­wissen, das für Fusions­plasmen und nicht zuletzt auch für Explorationen zum Mond oder Mars Bedeutung haben kann.

Abb.: Das Plasmakristall-Labor PK-4, eine Kooperation der europäischen...
Abb.: Das Plasmakristall-Labor PK-4, eine Kooperation der europäischen Weltraumorganisation ESA - European Space Agency und der russischen Raumfahrtbehörde ROSKOSMOS, gehört zu den erfolgreichsten Experimenten der ISS. (Bild: MPE)

Die physikalische Forschung unter Schwerelosigkeit ist eines der Hauptthemen am DLR-Institut für Material­physik im Weltraum in Köln. Dazu führt das Institut unter­schiedliche Experimente zur Material­forschung in Metallen und Legie­rungen und im Bereich der weichen Materie in Kolloidphysik, Granularen Medien und den komplexen Plasmen durch – auf Parabel­flügen, dem Fall­turm, auf Raketen und an Bord der ISS. Die Aktivi­täten werden auf der Erde durch experi­mentelle und theore­tische Forschungs­arbeiten sowie numerische Simulationen begleitet. Mit mehr als 100 wissen­schaftlichen Veröffent­lichungen zählen die Plasma­kristall-Experimente seit ihrem Progamm­beginn 2001 zu den erfolg­reichsten Forschungs­arbeiten auf der Inter­nationalen Raumstation.

DLR / LK

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