Diamanten lassen tief blicken
Winzige Einschlüsse von Mineralen helfen, chemische Prozesse im Innern der Erde aufzuklären.
Bernstein ist für seine Einschlüsse von Tieren und Pflanzen bekannt, die den Biologen Forschungsreisen in frühere Erdzeitalter ermöglichen. In ähnlicher Weise sind in Diamanten oft Spuren von Mineralen enthalten, die den Geowissenschaftlern Einblicke in die Tiefen der Erde ermöglichen. Wenn hier Diamanten wachsen, dringen Minerale aus ihrer Umgebung ein und werden darin eingeschlossen. Der chemische Zustand der Minerale bleibt unverändert erhalten, selbst wenn die Diamanten – beispielsweise durch vulkanische Eruptionen – in die Erdkruste und weiter bis an die Erdoberfläche gelangen. Zu diesen Mineralen zählen auch verschiedene Arten von Granat.
Abb.: Diamant aus rund 500 Kilometern Tiefe: Die beiden Einschlüsse von orangefarbenem Granat im Vordergrund sind jeweils etwa 200 Mikrometer lang. (Bild: J. W. Harris, U. Glasgow)
Erstmals wurden nun Granat-Einschlüsse in Diamanten analysiert, von denen bereits bekannt war, dass sie aus unterschiedlichen Tiefen zwischen 260 und 500 Kilometern unterhalb der Erdoberfläche stammen. Forscher des Bayerischen Geoinstituts der Universität Bayreuth und der Universität Oxford haben diese röntgenkristallographischen Untersuchungen koordiniert, die zu einem großen Teil an den Elektronen-Synchrotronanlagen in Hamburg (DESY) und Grenoble (ESRF) durchgeführt wurden. Wie sich herausstellte, unterscheiden sich die Eisenanteile im Granat erheblich: Das Eisen ist umso stärker oxidiert, je tiefer die Erdschichten sind, aus denen es stammt. Die oxidierten Eisenatome besitzen eine geringere Zahl von Elektronen, müssen also in großer Tiefe von ungefähr 500 Kilometern Elektronen an die Umgebung abgeben haben.
„Wir haben starke Indizien dafür gefunden, dass in dieser Übergangszone zwischen dem oberen und dem unteren Erdmantel Redoxreaktionen stattfinden, bei denen Elektronen von Eisenatomen auf benachbarte Kohlenstoffatome übertragen werden. Diese Prozesse fördern die Entstehung von neuen Diamantkristallen“, sagt Catherine McCammon vom Bayerischen Geoinstitut. „Im Hinblick auf diese Prozesse leisten unsere Daten auch einen Beitrag zur Aufklärung des Kohlenstoffkreislaufs der Erde, der sich vom Erdinnern bis in die Atmosphäre erstreckt und über weite Strecken bis heute erst ansatzweise erforscht ist“, ergänzt BGI-Forscher Leonid Dubrovinsky.
U. Bayreuth / JOL