03.07.2020

Die Copernicus-Familie wächst

Aufträge für sechs weitere Satelliten zur Erdbeobachtung vergeben.

Sie sind das Herzstück von Copernicus, des größten europäischen Erdbeobachtungs­programms: Die Sentinel-Satelliten liefern bereits heute zuverlässig und konti­nuierlich riesige Datenmengen über den Zustand von Klima, Vegetation und Ozeanen. Nun kommen sechs weitere Erdwächter, die High-Priority Candidate Missions (HPCM), hinzu. „Auf der Ministerrats­konferenz Space 19+ in Sevilla im November 2019 hat Deutschland die Weichen für ein starkes Engagement in der europäischen Raumfahrt gestellt“, erklärt Walther Pelzer, Vorstand für das Raumfahrt­management im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR und zuständig für das deutsche ESA-Engagement. „Nun werden deutsche Raumfahrt­akteure maßgeblich am Ausbau der weltweit leistungsstärksten Weltraum­infrastruktur zur Bereitstellung globaler Umwelt­informationen beteiligt sein.“ Denn am 1. Juli 2020 hat die Europäische Weltraum­organisation ESA Aufträge über 2,5 Milliarden Euro für die Entwicklung und den Bau der HPCM-Satelliten vergeben, rund 800 Millionen Euro – das sind etwa dreißig Prozent - gehen an Raumfahrt­unternehmen in Deutschland.

Abb.: Die Sentinel-3-Satelliten beo­bachten nicht nur die Ozeane und...
Abb.: Die Sentinel-3-Satelliten beo­bachten nicht nur die Ozeane und Land­flächen, sondern auch die Aus­breitung der Eisschilde und die Vorgänge in der Atmo­sphäre. (Bild: P. Carril, ESA)

Im Rahmen der ESA-Ministerrats­konferenz im November 2019 hatte Deutschland rund 3,3 Milliarden Euro für zukünftige Raumfahrt­programme gezeichnet und wurde mit fast 23 Prozent stärkster Beitrags­zahler der ESA. Allein die Investitionen im Bereich Erdbeo­bachtung waren auf 720 Millionen Euro erhöht worden. „Diese Investitionen fließen nun in Form von Aufträgen nach Deutschland zurück“, so Pelzer. „Besonders erfreulich ist dabei nicht nur die Stärkung der Raumfahrt­industrie insgesamt, sondern vor allem das mit rund 24 Prozent sehr hohe Auftrags­volumen für kleine und mittel­ständische Unternehmen, die das Rückgrat der Raumfahrt­branche in Deutschland bilden.“

Mehr als 1.000 High-Tech-Arbeits­plätze in der Hardware-Entwicklung werden durch den Ausbau von Copernicus für Jahre gesichert und die inter­nationale Führungsrolle, die Deutschland in der Erdbeobachtung hat, sichergestellt. Im Rahmen von Copernicus werden zudem innovative Dienste und Technologien entwickelt, die neue Möglichkeiten für kommer­zielle Anwendungen - etwa im Bereich „Big Data“ - liefern und somit vielfältige Chancen auch für Startup-Unternehmen aus der Raumfahrtbranche bieten. „Bereits heute helfen uns die umfangreichen Copernicus-Daten dabei, Antworten auf die globalen Heraus­forderungen durch Klimawandel, Bevölkerungs­wachstum und Umweltprobleme zu finden“, sagt Jörn Hoffmann, Programmleiter für Copernicus im DLR Raumfahrt­management in Bonn. „Die Informationen sind außerdem Grundlage für zahlreiche Dienste und Anwendungen in Bereichen wie Umweltschutz, Landwirtschaft, Verkehr und Katastrophen­hilfe.“ Pro Tag stellt das Copernicus-System eine Datenmenge von rund 25 Terabyte zur Verfügung. Die sechs neuen Copernicus-Missionen sollen das Erdbeobachtungs­system noch leistungsfähiger machen und seine Anwendungs­möglichkeiten erweitern.

Die neuen Missionen:

  • Die Mission CO2M soll mit Hilfe von Infrarot-Instrumenten die Konzen­tration von Kohlendioxid, Methan und Stickstoff­dioxid in der Atmosphäre messen und dabei zwischen vom Menschen verursachten Treibhaus­gasen und natürlichen Quellen unterscheiden. Damit hilft CO2M, die Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutz­abkommens zu überwachen. Haupt­auftragnehmer ist die OHB SE mit Sitz in Bremen.
  • Ziel von LSTM (Copernicus Land Surface Temperature Monitoring) ist es, die Temperatur der Landober­fläche zu messen. Dies ist vor allem für landwirt­schaftliche Anwendungen von Interesse, da sich durch die Oberflächen­temperatur die Menge der Verdunstung ermitteln lässt. Dies unterstützt landwirt­schaftliche Anwendungen und großräumiges Wasser­management, aber auch Dürren können besser vorhergesagt und der Wüsten­bildung besser entgegengewirkt werden. Weitere Anwendungs­möglichkeiten sind das Aufspüren und Überwachen von Bränden.
  • CRISTAL (Copernicus Polar Ice and Snow Topography Altimeter) soll die Mächtigkeit von Eismassen in Arktis und Antarktis ermitteln sowie die Dicke der Eisschicht auf den Ozeanen messen. So liefert die Mission unter anderem einen wichtigen Beitrag zur Vorhersage von Meeresspiegel­änderungen. Haupt­auftragnehmer ist Airbus in Friedrichshafen.
  • CIMR (Copernicus Imaging Microwave Radiometer) beobachtet die Eisbedeckung und Oberflächen­temperatur der Meere. Die Daten finden in der Klima­forschung ebenso Anwendung wie bei den operationellen Eisdiensten für maritime Anwendungen. Wichtigster deutscher Industrie­partner ist die HPS GmbH in München.
  • Die ROSE-L-Mission klassi­fiziert die Bedeckung der Land­oberfläche und kann den Gehalt an Feuchtigkeit in Böden ebenso ermitteln wie Boden­senkungen. Aber auch polare Eisschilde und die Ausdehnung von Meereis­flächen können mit ROSE-L erfasst werden. Die Mission unterstützt Anwendungen im Bereich der Land- und Forst­wirtschaft sowie maritime Dienste. Haupt-Beteiligte in Deutschland sind Airbus in Friedrichs­hafen und das DLR in Oberpfaffenhofen.
  • Die Mission CHIME (Copernicus Hyper­spectral Imaging Mission) soll eine bildgebende Spektroskopie der Landober­fläche durchführen. Dies unterstützt Anwendungen in der Landwirtschaft - etwa durch Aussagen zu Pflanzen­gesundheit oder Ertrags­vorhersagen, im Umweltschutz, oder bei der Gewinnung minera­lischer Rohstoffe. Wichtigster deutscher Industrie­partner ist OHB in Oberpfaffen­hofen.

DLR / JOL

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