Die Copernicus-Familie wächst
Aufträge für sechs weitere Satelliten zur Erdbeobachtung vergeben.
Sie sind das Herzstück von Copernicus, des größten europäischen Erdbeobachtungsprogramms: Die Sentinel-Satelliten liefern bereits heute zuverlässig und kontinuierlich riesige Datenmengen über den Zustand von Klima, Vegetation und Ozeanen. Nun kommen sechs weitere Erdwächter, die High-Priority Candidate Missions (HPCM), hinzu. „Auf der Ministerratskonferenz Space 19+ in Sevilla im November 2019 hat Deutschland die Weichen für ein starkes Engagement in der europäischen Raumfahrt gestellt“, erklärt Walther Pelzer, Vorstand für das Raumfahrtmanagement im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR und zuständig für das deutsche ESA-Engagement. „Nun werden deutsche Raumfahrtakteure maßgeblich am Ausbau der weltweit leistungsstärksten Weltrauminfrastruktur zur Bereitstellung globaler Umweltinformationen beteiligt sein.“ Denn am 1. Juli 2020 hat die Europäische Weltraumorganisation ESA Aufträge über 2,5 Milliarden Euro für die Entwicklung und den Bau der HPCM-Satelliten vergeben, rund 800 Millionen Euro – das sind etwa dreißig Prozent - gehen an Raumfahrtunternehmen in Deutschland.
Im Rahmen der ESA-Ministerratskonferenz im November 2019 hatte Deutschland rund 3,3 Milliarden Euro für zukünftige Raumfahrtprogramme gezeichnet und wurde mit fast 23 Prozent stärkster Beitragszahler der ESA. Allein die Investitionen im Bereich Erdbeobachtung waren auf 720 Millionen Euro erhöht worden. „Diese Investitionen fließen nun in Form von Aufträgen nach Deutschland zurück“, so Pelzer. „Besonders erfreulich ist dabei nicht nur die Stärkung der Raumfahrtindustrie insgesamt, sondern vor allem das mit rund 24 Prozent sehr hohe Auftragsvolumen für kleine und mittelständische Unternehmen, die das Rückgrat der Raumfahrtbranche in Deutschland bilden.“
Mehr als 1.000 High-Tech-Arbeitsplätze in der Hardware-Entwicklung werden durch den Ausbau von Copernicus für Jahre gesichert und die internationale Führungsrolle, die Deutschland in der Erdbeobachtung hat, sichergestellt. Im Rahmen von Copernicus werden zudem innovative Dienste und Technologien entwickelt, die neue Möglichkeiten für kommerzielle Anwendungen - etwa im Bereich „Big Data“ - liefern und somit vielfältige Chancen auch für Startup-Unternehmen aus der Raumfahrtbranche bieten. „Bereits heute helfen uns die umfangreichen Copernicus-Daten dabei, Antworten auf die globalen Herausforderungen durch Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Umweltprobleme zu finden“, sagt Jörn Hoffmann, Programmleiter für Copernicus im DLR Raumfahrtmanagement in Bonn. „Die Informationen sind außerdem Grundlage für zahlreiche Dienste und Anwendungen in Bereichen wie Umweltschutz, Landwirtschaft, Verkehr und Katastrophenhilfe.“ Pro Tag stellt das Copernicus-System eine Datenmenge von rund 25 Terabyte zur Verfügung. Die sechs neuen Copernicus-Missionen sollen das Erdbeobachtungssystem noch leistungsfähiger machen und seine Anwendungsmöglichkeiten erweitern.
Die neuen Missionen:
- Die Mission CO2M soll mit Hilfe von Infrarot-Instrumenten die Konzentration von Kohlendioxid, Methan und Stickstoffdioxid in der Atmosphäre messen und dabei zwischen vom Menschen verursachten Treibhausgasen und natürlichen Quellen unterscheiden. Damit hilft CO2M, die Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu überwachen. Hauptauftragnehmer ist die OHB SE mit Sitz in Bremen.
- Ziel von LSTM (Copernicus Land Surface Temperature Monitoring) ist es, die Temperatur der Landoberfläche zu messen. Dies ist vor allem für landwirtschaftliche Anwendungen von Interesse, da sich durch die Oberflächentemperatur die Menge der Verdunstung ermitteln lässt. Dies unterstützt landwirtschaftliche Anwendungen und großräumiges Wassermanagement, aber auch Dürren können besser vorhergesagt und der Wüstenbildung besser entgegengewirkt werden. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sind das Aufspüren und Überwachen von Bränden.
- CRISTAL (Copernicus Polar Ice and Snow Topography Altimeter) soll die Mächtigkeit von Eismassen in Arktis und Antarktis ermitteln sowie die Dicke der Eisschicht auf den Ozeanen messen. So liefert die Mission unter anderem einen wichtigen Beitrag zur Vorhersage von Meeresspiegeländerungen. Hauptauftragnehmer ist Airbus in Friedrichshafen.
- CIMR (Copernicus Imaging Microwave Radiometer) beobachtet die Eisbedeckung und Oberflächentemperatur der Meere. Die Daten finden in der Klimaforschung ebenso Anwendung wie bei den operationellen Eisdiensten für maritime Anwendungen. Wichtigster deutscher Industriepartner ist die HPS GmbH in München.
- Die ROSE-L-Mission klassifiziert die Bedeckung der Landoberfläche und kann den Gehalt an Feuchtigkeit in Böden ebenso ermitteln wie Bodensenkungen. Aber auch polare Eisschilde und die Ausdehnung von Meereisflächen können mit ROSE-L erfasst werden. Die Mission unterstützt Anwendungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie maritime Dienste. Haupt-Beteiligte in Deutschland sind Airbus in Friedrichshafen und das DLR in Oberpfaffenhofen.
- Die Mission CHIME (Copernicus Hyperspectral Imaging Mission) soll eine bildgebende Spektroskopie der Landoberfläche durchführen. Dies unterstützt Anwendungen in der Landwirtschaft - etwa durch Aussagen zu Pflanzengesundheit oder Ertragsvorhersagen, im Umweltschutz, oder bei der Gewinnung mineralischer Rohstoffe. Wichtigster deutscher Industriepartner ist OHB in Oberpfaffenhofen.
DLR / JOL