29.09.2004

Die Roboter kommen

Putzen, kochen, Rasen mähen? Schon in wenigen Jahren sind Roboter für den Hausgebrauch zu erwarten.


Putzen, kochen, Rasen mähen? Schon in wenigen Jahren sind Roboter für den Hausgebrauch zu erwarten.

Hamburg (dpa) - Wer putzt schon gerne Fenster? Auf einem 25 000 Quadratmeter großen Glasdach der Leipziger Messe haben zwei Roboter diese bei den meisten Menschen unbeliebte Aufgabe übernommen. Die Putzautomaten seilen sich selbstständig vom 28 Meter hohen First der 243 Meter langen Glashalle ab und hangeln sich unter den Streben der Stahlkonstruktion hindurch, an der das Dach aufgehängt ist.

Auch Privatleute können sich auf derart elektro-mechanische Putzhilfe freuen. Schon in wenigen Jahren sind Fensterreinigungsroboter für den Hausgebrauch zu erwarten, prophezeien Experten. Bereits heute ziehen die ersten einfachen Roboter in manches Heim ein. Sie saugen, wischen, mähen Rasen oder wachen bei Bedarf auch über Haus und Hof.

In 15 Jahren werden Roboter in ähnlich vielen Lebensbereichen anzutreffen sein wie Computer heute, glaubt Rodney Brooks, Direktor des Labors für Computerwissenschaften und Künstliche Intelligenz am Massachusetts Institute of Technology (MIT). «Ich bin überzeugt, dass Roboter heute dort stehen, wo die Computer 1978 waren», betont Brooks im Fachblatt «Technology Review»: «Die Roboter kommen.»

Für einen universellen Haushaltsroboter als Massenprodukt, der zahlreiche Aufgaben erledigen kann, könnte die Zeit in etwa zehn Jahren reif sein, meint Martin Hägele, Leiter der Abteilung Robotersysteme am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart.

Die IPA-Forscher entwickeln für den Heimgebrauch unter anderem den «Care-O-bot», einen Tausendsassa, der seinem Besitzer nicht nur bei einfachen Arbeiten wie Tisch decken, Mikrowelle bedienen und Putzen zur Hand gehen soll. Der mechanische Mitbewohner könnte auch kleinere Botengänge erledigen, «seinen» Menschen stützen oder führen, das Telefon für ihn suchen und ihm die heruntergefallene Fernbedienung aufheben. Der «Care-O-bot» erinnert außerdem an die regelmäßige Einnahme von Medikamenten und reicht zu den Pillen gleich ein Glas Wasser. Er kann auch Bier holen.

1998 wurde der erste Care-O-bot Prototyp entwickelt. Seine Plattform macht ihn mobil, durch seinen beweglichen Touchscreen kann er interaktiv mit Menschen kommunizieren. (Quelle: Fraunhofer IPA)

«Solche Handreichungen könnten beispielsweise älteren Menschen länger die Unabhängigkeit bewahren», meint Hägele. «Eine Alternative etwa zur Pflege durch einen Menschen wird dies allerdings niemals werden.»

Abgesehen von gravierenden sozialen und ethischen Bedenken hätten es Roboter-Pfleger auch schwer, von Menschen akzeptiert zu werden. Denn die Maschinen haben noch große Schwächen. «Allen Systemen fehlt bislang komplett eine akzeptable "Schnittstelle" zum Menschen», betont Paul Levi vom Karlsruher Forschungszentrum Informatik. «Ich kann dem Roboter beispielsweise nicht sagen, was ich von ihm möchte.»

Die Kommunikation ist für Levi nicht das einzige Manko heutiger Maschinen. Die Apparate könnten bislang weder befriedigend komplexe Situationen erkennen, noch ihr Verhalten darauf einstellen. «Ich habe mir zum Beispiel keinen Staubsaugerroboter gekauft, weil die Geräte keineswegs die Aufgabe gelöst haben, zu unterscheiden, was Schmutz ist und was nicht.»

Natürlich sind heutige Prototypen für ein Massenprodukt auch noch viel zu teuer. «Ein Haushaltsroboter darf höchstens so viel kosten wie ein Mittelklassewagen», meint Franz Freyberger, der an der Technischen Universität München zu autonomen mobilen Systemen forscht.

Über die Defizite der Maschinen sind sich die meisten Roboterforscher einig. Hägele vergleicht den Entwicklungsstand mit dem der ersten Autos: «Die Modelle am Anfang des 20. Jahrhunderts konnten auch schon fahren, der Weg zu einem alltagstauglichen Produkt war aber noch weit.»

Till Mundzeck, dpa

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