10.02.2020 • Sonnensystemforschung

Die Sonne im Visier

Die Sonde Solar Orbiter ist heute gestartet – auch um erstmals Bilder der noch unerforschten Polregionen der Sonne aufzunehmen.

Die Europäische Weltraumorganisation ESA hat mit der Sonde Solar Orbiter eine weitere Mission zur Erkundung unseres Sonnensystems auf die Reise geschickt. Während der vier Jahre dauernden wissenschaftlichen Untersuchungen sollen ab November kommenden Jahres zehn Instrumente den Sonnenwind, die Polregionen und das Magnetfeld der Sonne sowie ihren Einfluss auf das Weltraumwetter ins Visier nehmen.

Für die 1,8 Tonnen schwere Sonde stellen die extremen Bedingungen während der Beobachtungszeit eine große Herausforderung dar. Auf einer stark elliptischen Umlaufbahn nähert sie sich der Sonne alle sechs Monate bis auf 42 Millionen Kilometer – ein deutlich geringerer Abstand, als ihn der Merkur erreicht. Dadurch steigt die Temperatur auf bis zu 520 °C, sodass ein robuster Hitzeschild die empfindlichen Geräte an Bord vor dem Schmelzen schützen muss. Auch die Sonnensegel drehen dann ab, um ein Überhitzen zu vermeiden.

Der Hitzeschild besteht aus mehreren Schichten. Ein extra entwickeltes Kalzium-Phosphat-Präparat absorbiert Hitze, ohne dabei zu altern. Unter dieser dünnen Schicht können zwanzig hauchdünne Lagen aus Titan noch bis 500 °C bestehen. Auf einen Freiraum folgen dreißig weitere Isolierschichten, bevor eine fünf Zentimeter starke, wabenförmige Aluminiumstruktur die Instrumente abdeckt. Um Wärmeleitung durch das Gerüst der Sonde zu minimieren, halten zehn 1,5 mm dünne Spangen aus Titan den Schild an der Sonde.

Sechs Fernerkundungsinstrumente kommen nur dann zum Einsatz, wenn die Sonde weiter von der Sonne entfernt ist. Sie sitzen hinter Schiebetüren des Hitzeschilds. Darüber hinaus schützen spezielle Fenster vier der Instrumente: Der Extreme Ultraviolet Imager verspricht durch Aufnahmen von Chromosphäre, Übergangszone und Korona Einblicke in die Heizeffekte in diesen Regionen, während der Koronograph Metis die Struktur und Dynamik der Korona im sichtbaren und UV-Licht abbilden soll. Das Magnetfeld der Photosphäre und ihre Helligkeit im sichtbaren Licht erkundet der Polarimetric and Helioseismic Imager. STIX, ein Röntgenspektrometer und -teleskop, sucht nach dem Ursprung solarer Röntgenstrahlung aus magnetischen Aktivitäten im heißen Plasma der Sonne.

Dagegen nutzt SPICE (Spectral Imaging of the Coronal Environment) die gesamte Strahlung, um mittels EUV-Spektroskopie die Plasmaeigenschaften in Übergangszone und Korona zu charakterisieren. Der Heliospheric Imager SoloHI späht um die Ecke des Hitzeschilds und beobachtet, wie Elektronen des Sonnenwinds Licht streuen.

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Die vier In-situ-Instrumente an Bord des Solar Orbiter führen in Sonnennähe Messungen durch und sind teilweise mit eigener Schutztechnik versehen. Der Energetic Particle Detector weist energiereiche Teilchen nach, die an der Sonde vorbeiströmen; zwei Magnetometer bestimmen das Magnetfeld der Sonne sehr präzise, um Wechselwirkungen mit dem Rest des Sonnensystems zu verstehen. Dichte, Geschwindigkeit, Temperatur und Zusammensetzung des Sonnenwinds ermittelt der Solar Wind Plasma Analyser. Sensoren und Antennen, die Schwankungen magnetischer und elektrischer Felder erfassen (RPW – Radio and Plasma Waves), dienen auch der Fernerkundung.

Gemeinsam mit der Parker Solar Probe der NASA soll der Solar Orbiter ein umfassendes Bild der Sonne liefern. Die amerikanische Sonde ist am 12. August 2018 gestartet und liefert bereits Daten vom Übergang der Sonnenatmosphäre in den Sonnenwind. Bei den letzten Umrundungen soll die Parker Solar Probe nur noch 6,2 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt sein. Die letzten elliptischen Bahnen des Solar Orbiter verlaufen mit Neigungswinkeln von mehr als 17° zur Ekliptik, sodass Aufnahmen der polnahen Sonnenregionen zu erwarten sind. Dadurch ergänzen sich die Datensätze der beiden Missionen ideal.

Den Flug des Solar Orbiter kontrolliert die ESOC in Darmstadt und steuert auch die zehn Instrumente. Zur Kommunikation nutzt sie die ESTRACK-Stationen in Malargüe (Argentinien), New Norcia (Australien) und Cebreros (Spanien). An der Entwicklung des Solar Orbiter waren 17 europäische Länder und die USA beteiligt; allein in Deutschland trugen sechs Forschungsinstitute und Hochschulen sowie vier Industriepartner zu dem internationalen Projekt bei.

Kerstin Sonnabend

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