Die zwei Gesichter des Mars
Topographische Zweiteilung in ein südliches Hochland und nördliche Tiefebenen ist noch ungeklärt.
Neue Bilder der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR betriebenen, hochauflösenden Stereokamera HRSC (High Resolution Stereo Camera) an Bord der europäischen Raumsonde Mars Express zeigen die Region Colles Nili. Die „Hügel des Nils“ liegen direkt an der Dichotomiegrenze des Mars. Diese trennt das Tiefland im Norden vom südlich gelegenen Hochland.
Abb.: Eis und Wind haben ihre Spuren in den Colles Nili hinterlassen, einem Gebiet, das von vielen Inselbergen charakterisiert ist und den Übergang von den nördlichen Tiefebenen zum mehrere tausend Meter höher gelegenen Marshochland im Süden markiert. (Bild: ESA / DLR / FU Berlin)
Die topographische Zweiteilung (griechisch: Dichotomie) in ein nördliches Gebiet mit Tiefebenen und ein älteres, südliches Hochland mit zahlreichen Einschlagskratern ist eines der auffälligsten Merkmale unseres Nachbarplaneten. Die Ursache dafür ist noch nicht geklärt. Einige Wissenschaftler halten es für denkbar, dass die Nordhalbkugel des Mars vor mehr als vier Milliarden Jahren von einem großen Planetoiden wie von einem Streifschuss getroffen wurde und dabei mehrere Kilometer der jungen Gesteinskruste quasi abrasiert wurden. Die Dichotomiegrenze besteht vielerorts aus einer Steilkante, die einen topographischen Unterschied von einigen Kilometern zwischen den Hochebenen der Südhemisphäre und der tiefgelegenen Nordhemisphäre des Mars markiert.
Die Colles Nili befinden sich direkt am Fuß der Steilkante und bilden eine Ansammlung von eintausend bis zweitausend Meter hohen Bergen mit weichen Geländeformen, die wahrscheinlich schon stark erodierte Überreste der sich im Süden anschließenden alten Hochebene darstellen. Die in der Landschaft verteilten Hügel sind umgeben von weichen, welligen Ablagerungen, die im englischen Fachjargon als Lobate Debris Aprons bezeichnet werden: Ströme aus Gesteinsschutt und Eis haben sich hangabwärts bewegt und dabei Hindernisse im Gelände umströmt, ehe sie zum Stillstand gekommen sind. Außerdem kann man zwischen den Hügeln Ablagerungen beobachten, die ein linienförmiges Muster auf der Oberfläche zeigen und als Lineated Valley Fill bekannt sind. Auch sie entstehen, wenn eine Masse aus Gestein, Eis und Staub an sich gegenüberliegenden Hängen langsam hinabrutschen, sich am Talboden treffen und einander überlappen.
DLR / JOL