Dünne Luft im Orbit
Von Studenten gebauter erster sächsischer Satellit liefert Messdaten aus der obersten Erdatmosphäre.
Er ist nur 10 × 10 × 10 Zentimeter groß und wiegt knapp ein Kilogramm. Nach fünf Jahren Entwicklungszeit startete der erste sächsische Satellit am Freitag an Bord einer russischen Sojus-Trägerrakete in Baikonur. Etwa hundert Studierende und Doktoranden der TU Dresden der Fachrichtungen Luft- und Raumfahrtechnik, Mechatronik, Energietechnik, Informatik und Physik entwickelten den Picosatellit SOMP-1. Das Student Oxygen Measurement Project hat das Ziel, die Restatmosphäre in der Umgebung des Satelliten zu messen.
Abb.: Andreas Weber und Paul Roßmann integrieren den ersten Sächsischen Satelliten SOMP-1 vor Ort in Baikonur in den „Single Pico Satellite Launcher“ (SPL), der das kontrollierte Freisetzen des Satelliten ermöglicht. (Bild: ECM space tech.)
Zuletzt hatten Projektadministrator Andreas Weber und Systemingenieur Paul Roßmann vor Ort in Baikonur die letzten Funktionstests durchgeführt. Anschließend wurde SOMP-1 in den „Single Pico Satellite Launcher“ (SPL) eingesetzt, der im Orbit das kontrollierte Freisetzen des Satelliten ermöglichte. An Bord der Sojus 2.1a waren fünf weitere Satelliten, die sich gegenseitig nicht beeinflussen durften.
Im Vergleich zur Erde herrscht in der oberen Atmosphäre – der Thermosphäre – in der sich der Satellit befindt, nur ein Einhunderttausendstel des Sauerstoffdruckes. In dieser Restatmosphäre soll SOMP-1 den atomaren Sauerstoff zeit- und ortsabhängig messen. Das ist einerseits besonders wichtig, weil atomarer Sauerstoff der Hauptbestandteil der obersten Einflussschicht auf Atmosphärenmodelle ist und bisher noch nicht ausreichend vor Ort gemessen werden konnte. Bisher widersprechen sich die Modelle der oberen Atmosphäre um zirka 340 Prozent. Das Messergebnis könnte zu genaueren Klimavorhersagen führen. Andererseits ist atomarer Sauerstoff eine große Herausforderung für die Raumfahrtechnik. Denn wenn die aggressiven Sauerstoffatome mit zirka acht Kilometern pro Sekunde auf die Materialien treffen, zerstören sie teilweise Solarzellen, Sensoren und funktionale Schichten.
Die Sensoren sind eine Weiterentwicklung des Experimentes FIPEX der TU Dresden, das im Jahr 2007 und 2008 auf der Internationalen Raumstation ISS das Verhalten von atomarem Sauerstoff im Weltraum zum ersten Mal gemessen hat. „Bei FIPEX waren die Sensoren noch so groß wie Streichhölzer. Die Sensoren von SOMP-1 wurden nun soweit verkleinert, dass auch nur noch die Hälfte der elektrischen Leistung benötigt wird. Damit konnten sie überhaupt erst in einem Kleinsatelliten eingesetzt werden“, so Tino Schmiel, der Leiter der Arbeitsgruppe Kleinsatelliten und Spin-off Technologien der Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden.
Abb.: Daumen hoch beim SOMP-1-Team kurz nach erfolgreicher Separation und dem ersten Signal; T. Schmiel, Th. Hetland, S. R. Sudarsan, A. Weber, H. Schwarz, J. Heisig, R. Fetter, S. Holz (v.l.n.r.; Bild: TU Dresden)
Roßmann ergänzt: „SOMP-1 muss mit nicht einmal zwei Watt auskommen. Das ist bedeutend weniger als eine moderne Energiesparlampe verbraucht. Die Solarzellen auf den Außenseiten des würfelförmigen Satelliten aktivieren die Messsensoren und versorgen Bordrechner, Funkgerät und die Ladeeinheit der Batterien mit Strom. Alle Komponenten wurden von den Studierenden und Doktoranden der TU Dresden selbst entworfen, gebaut und getestet. SOMP-1 war für uns die einzigartige Gelegenheit, theoretische Kenntnisse in einem echten Raumfahrtprojekt anzuwenden.“
SOMP-1 sendet aus 600 Kilometern Höhe mit vier Antennen im 70-cm-Amateurfunkband unter dem Rufzeichen DP0TUD auf der Frequenz 437,485 MHz jede Minute ein Morsesignal. So können sich neben den Studierenden auch Funkamateure aus der ganzen Welt an der Mission beteiligen.
TUD / OD