Effizienter im Tandem
Mehrfachsolarzelle auf Siliziumbasis mit neuem Wirkungsgradrekord.
Siliziumsolarzellen dominieren heute den Photovoltaikmarkt, aber die Technologie nähert sich dem theoretisch maximalen Wirkungsgrad an, der mit Silizium als alleinigem Absorbermaterial erreicht werden kann. Tandemsolarzellen ermöglichen durch die Kombination von mehreren Absorbermaterialien eine deutlich bessere energetische Nutzung des Sonnenspektrums. Aufgrund des höheren Wirkungsgradpotenzials könnten sie die Basis der künftigen Solarzellengeneration sein. Auf der Grundlage intensiver Materialforschung haben Wissenschaftler am Fraunhofer-ISE, gemeinsam mit Partnern, einen neuen Wirkungsgradrekord von 22,3 Prozent für eine Mehrfachsolarzelle aus Silizium und III-V-Halbleitern erzielt. Dabei ist die Besonderheit, dass die III-V-Halbleiterschichten direkt auf das Silizium gewachsen wurden.
Mit Kombinationen von unterschiedlichen Halbleitermaterialien versuchen Forscher, den theoretisch mit dem Material Silizium erreichbaren Wirkungsgrad von 29,4 Prozent zu übertreffen und damit die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrischen Strom noch effizienter zu gestalten. Ein vielversprechender Ansatz ist die Kombination von Siliziummaterial mit III-V-Halbleiterverbindungen wie Galliumarsenid. Eine Realisierungsoption ist, die III-V-Solarzellenstrukturen auf teure Galliumarsenid-Substrate abzuscheiden und diese danach mittels der Halbleiter-Bondingtechnologie auf eine Siliziumsolarzelle zu übertragen und das Galliumarsenid-Substrat weg zu ätzen. Ein deutlich kostengünstigerer Realisierungsweg ist ein direktes Wachstum der III-V-Schichten auf die Siliziumsolarzelle.
Hierzu ist es allerdings notwendig, die atomare Struktur sehr gut zu kontrollieren und zu erreichen, dass die Gallium- und Phosphor-Atome an der Grenzfläche zu Silizium die korrekten Gitterplätze einnehmen. Weiterhin muss der Abstand der Atome im Kristallgitter vergrößert werden, um schließlich das Material Galliumarsenid herzustellen. An diesen Herausforderungen arbeiten die Forscher seit mehr als zehn Jahren. Nun ist es ihnen gelungen, die Defektdichten in den III-V-Halbleiterschichten auf Silizium deutlich zu reduzieren und so eine III-V/Si-Tandemsolarzelle mit einem neuen Wirkungsgradrekord von 22,3 Prozent herzustellen. Der Wert wurde am 25. Dezember 2018 in die international anerkannte Tabelle der besten Solarzellen der Welt aufgenommen.
„Wir freuen uns sehr über dieses schöne Ergebnis für das Direktwachstum von III-V-Halbleiter auf Silizium, ein sehr wichtiger Forschungsansatz für Tandemsolarzellen“, sagt Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer-ISE. „Derzeit entsteht bei uns in Freiburg ein neues Zentrum für höchsteffiziente Solarzellen, das ab 2020 unsere Arbeiten zu Tandemsolarzellen beherbergen wird. Wir erwarten dann mit noch besserer technischer Infrastruktur eine Beschleunigung der Entwicklung von Mehrfachsolarzellen auf Siliziumbasis.“
Der Übergang zwischen dem Siliziumkristall und der ersten III-V-Halbleiterschicht aus Galliumphosphid wurde über die letzten Jahre in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Thomas Hannappel an der TU Ilmenau sowie Kerstin Volz an der Philipps-Universität Marburg im Rahmen des Projekts MehrSi untersucht und immer weiter optimiert. Zunächst wurden die Defekte in der Kristallstruktur sichtbar gemacht und anschließend Schritt für Schritt reduziert. „Die erreichte Effizienz unserer III-V/Si-Tandemsolarzelle zeigt, dass wir die Materialien mittlerweile sehr gut verstanden haben“, sagt Frank Dimroth, Leiter des Projekts MehrSi. Das direkte Wachstum der III-V-Schichten auf Silizium erlaubt es, auf teure Substrate für die Epitaxie zu verzichten, und ist daher eine Schlüsseltechnologie, um in Zukunft höchsteffiziente Tandemsolarzellen kostengünstig herzustellen.
Fh.-ISE / DE