Effizienter Strom aus Abwärme erzeugen
Dampfturbinen haben ein großes Potenzial für die nachhaltige Abwärmeverstromung.
Der Energieverbrauch der Industrie zwischen 1995 und 2017 hat sich kaum verändert. Trotzdem soll bis 2050 der Primärenergieverbrauch in Deutschland um fünfzig Prozent sinken. Bei vielen etablierten thermischen Prozessen in der Industrie, aber auch bei den neuen motorischen Kraftwerken, fällt viel ungenutzte Abwärme an. Schätzungen zufolge gehen weltweit so mehr als fünfzig Prozent der gesamten eingesetzten Primärenergie verloren. Die Reduzierung dieser Verluste ist eine wesentliche Voraussetzung für den Umstieg auf ein klimaneutrales Energiesystem mit hohen Anteilen an erneuerbaren Energien. Die Wissenschaftler der TH Nürnberg haben sich deshalb mit sechs Verbundpartnern aus der Energietechnik zusammengeschlossen, um die Hochtechnologie im Kraftwerksbereich zu einem nachhaltigen und kosteneffizienten Abwärmenutzungssystem weiterzuentwickeln.
Das Ziel des Projekts „KompACT“ ist es, eine kosteneffiziente und kompakte Anlagentechnik auf der Basis von Wasser als Arbeitsmittel zu entwickeln, die einen möglichst hohen Anteil von ansonsten ungenutzter Abwärme in wertvollen, flexibel einsetzbaren Strom umwandelt – und das komplett CO2-frei. Die Arbeitsgruppe für Dezentrale Energiewandlung und Speicherung der TH Nürnberg um Frank Opferkuch hat bereits im Vorfeld Analysen durchgeführt. „Unsere Versuche an einer eigens dafür aufgebauten Anlage ergaben, dass Dampfturbinen und der damit verbundene Dampfprozess ein hohes Potential für das Nutzungsfeld der prozessnahen und nachhaltigen Abwärmeverstromung haben. Dieser Ansatz ist zwar vom Grundprinzip her nicht neu, aber die Technologie dafür wurde in den letzten Jahren nur für Anwendungen in großen, zentralen Kraftwerken optimiert. Mit der Umstellung auf erneuerbare Energien wird unser Energiesystem in Zukunft allerdings vermehrt aus dezentralen Einheiten aufgebaut sein. Dazu werden vor allem kleinere, flexiblere Anlagen benötigt, an deren Entwicklung wir jetzt arbeiten“, sagt Opferkuch.
Für die Abwärmeverstromung in einem nachhaltigen Dampfprozess fehlen derzeit vor allem die modernen, kosteneffizienten Schlüsselkomponenten, wie Mikro-Dampfturbinen und kompakte Dampferzeuger, aber auch die erforderliche wartungsarme Systemarchitektur. Diese multidisziplinäre Entwicklungsaufgabe ist ein typisches Merkmal der anwendungsorientierten Forschung an der TH Nürnberg. Die Arbeitsgruppe wird sich in den nächsten drei Jahren, gemeinsam mit weiteren Forschungseinrichtungen und diversen Technologieunternehmen, dieser Entwicklung widmen.
TH Nürnberg / JOL