Ein Spiegel aus Mikroteilchen und Licht
Plastikkügelchen ordnen sich im Laserlicht zu einer reflektierenden Membran.
Bestehen künftige Weltraumteleskope aus zahllosen Mikroteilchen, die sich unter dem Einfluss von Laserstrahlen zu lichtreflektierenden parabolischen Membranen anordnen? Diese Spekulation hat eine solide physikalische Grundlage, wie optische Experimente mit mikrometergroßen Plastikkügelchen sowie Computersimulationen zeigen, die Forscher aus den USA und der Schweiz durchgeführt haben.
Abb.: Eine stabile lichtreflektierende Membran aus 150 Plastikkügelchen bildet sich von selbst an der Einschnürung eines Laserstrahls. (Quelle: T. M. Grzegorczyk et al. / APS)
Tomasz Grzegorczyk von BAE Systems in Burlington, Massachusetts, hat zusammen mit Johann Rohner und Jean-Marc Fournier von der ETH Lausanne gezeigt, dass man mit Laserlicht eine größere Zahl von Mikroteilchen festhalten und zu einer stabilen Membran anordnen kann. Bisher werden Lichtkräfte vor allem in der Atomphysik benutzt, um neutrale Atome in optischen Fallen festzuhalten, oder in der Biologie, wo sich mit optischen Pinzetten beispielsweise biologische Zellen manipulieren oder Proteinstränge auseinander ziehen lassen.
Die dabei auftretenden Dipolkräfte, welche die Teilchen in die Bereiche hoher Lichtintensität ziehen, lassen sich indes auch nutzen, eine größere Zahl von Partikeln zu kristallinen Strukturen anzuordnen. Das war Forschern um Jean-Marc Fournier schon 1990 mit in Wasser gelösten Polystyrolkügelchen gelungen, die sie mit Laserlicht bestrahlt hatten. Dabei war ihnen aufgefallen, dass das Licht elektrische Dipolkräfte zwischen den Teilchen hervorrief, die je nach Teilchenabstand anziehend oder abstoßend waren. Daraufhin ordneten sich die Teilchen zu einem künstlichen Kristall an, ohne sich zu berühren.
Das Zusammenspiel zwischen den optischen Kräften, die ein Laserstrahl auf Mikroteilchen ausübt, und der Wechselwirkung zwischen den Teilchen haben Grzegorczyk, Rohner und Fournier zur Herstellung von freistehenden und lichtreflektierenden Membranen genutzt. Die verwendeten Partikel – 3 µm große Polystyrolkugeln mit einem Brechungsindex n = 1,59 – befanden sich dabei allerdings nicht im Vakuum sondern in einer wassergefüllten Glaszelle.
Abb.: Wie die Computersimulation zeigt, kann eine parabolische Membran aus Plastikkugeln das Licht sehr gut fokussieren. (Quelle: T. M. Grzegorczyk et al. / APS)
Ein Laserstrahl mit 532 nm Wellenlänge beleuchtete die Zelle von unten. Da die Kügelchen einen Teil des Laserlichts streuten, wurden sie zunächst nach oben gedrückt, bis sie die Einschnürung des Laserstrahls erreichten. Dort war die Lichtintensität am höchsten, sodass die Kugeln in diesem Bereich festgehalten wurden. Aufgrund ihrer Anziehungskräfte ordneten sich etwa 150 Kugeln hexagonal an, ohne sich zu berühren, und bildeten eine ca. 40 µm große Membran, die über mehrere Stunden hinweg stabil war.
Wie gut diese Membran das Licht reflektierte, untersuchten die Forscher, indem sie sie mit einem Helium-Neon-Laser beleuchteten, dessen Wellenlänge 633 nm betrug. Den Laserstrahl hatten sie durch ein lichtdurchlässiges Lineal geschickt, nahe der Markierung „8“. Im reflektierten Licht suchten sie nun nach diesem Zeichen. Allerdings reflektierten auch die beiden Deckel der Glaszelle das Licht. Um dies zu berücksichtigen, nahmen die Forscher die Lichtreflexe einmal mit und einmal ohne Membran auf und bildeten das Differenzsignal. In ihm war die von der Membran reflektierte „8“ deutlich zu erkennen.
Während die untersuchte Membran eben war, braucht man für einen Teleskopspiegel jedoch eine parabolisch gekrümmte Membran, die sich mit Hilfe zweier gegenläufiger interferierender Laserstrahlen herstellen ließe. Das ist Grzegorczyk und seinen Kollegen zwar noch nicht gelungen. Doch mit Hilfe von Computersimulationen haben sie die optischen Eigenschaften einer solchen aus Plastikteilchen gebildeten parabolischen Schicht im Vakuum untersucht. Da sie dazu mit großem Rechenaufwand die Maxwell-Gleichungen lösen mussten, haben sie das Problem auf zwei Raumdimensionen eingeschränkt und die Kügelchen durch Zylinder ersetzt.
Wie die Simulationen ergaben, wurde das Licht vom Parabolspiegel nahezu perfekt fokussiert, so als bestünde er nicht aus einzelnen Zylindern sondern aus einer homogenen Schicht. Im Vakuum tritt jedoch ein zusätzliches Problem auf. Während die Teilchen im Wasser gekühlt und ihre Bewegungen gedämpft werden, schwanken ihre Positionen im Vakuum mehr oder weniger stark unter dem Einfluss des einfallenden Lichtes, sodass der Membranspiegel Rauhigkeit zeigt und von der perfekten parabolischen Form abweicht. Doch selbst bei Abweichungen von fast einem Teilchenabstand konnte der Spiegel das Licht noch gut fokussieren.
Ein weiteres Problem bei der Realisierung eines sehr großen Membranspiegels besteht darin, dass die Membran mit zunehmender Teilchenzahl instabil wird. Dies ließe sich dadurch verhindern, dass man die Membran in viele kleine unabhängige Segmente zerlegt. Statt die Teilchen nur in der Hauptzone des von zwei Laserstrahlen gebildeten Interferenzmusters zu fangen, könnte man sie auch in vielen verschiedenen Zonen festhalten. Noch ist der Weg hin zu einem Membranteleskop aus Mikroteilchen und Licht sehr weit. Aber der erste Schritt ist getan.
Rainer Scharf
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