25.05.2005

Einstein als Ballett in London uraufgeführt

Die englische Tanzgruppe Rambert hat Einsteins Relativitätstheorie in das Ballett «Constant Speed» umgesetzt.

Einstein als Ballett in London uraufgeführt: Genuss ohne Erkenntnis

London (dpa) - Einsteins Relativitätstheorie gilt als so schwierig, dass der Astronom Sir Arthur Eddington einmal gefragt wurde, ob es stimme, dass nur drei Leute auf der Welt sie verstünden. Nach einer kurzen Pause antwortete er: «Ich überlege gerade, wer der dritte ist.» Die englische Tanzgruppe Rambert hat es nun einmal anders versucht und die Theorie zum Einstein-Jahr in das Ballett «Constant Speed» umgesetzt. Am Dienstagabend war die Uraufführung in London. Es war ein Genuss, aber am Ende ist man auch nicht klüger.

Rambert, 1926 gegründet, ist das älteste Tanzensemble Großbritanniens. Bekannt gemacht hat sie in den 90er Jahren ihr künstlerischer Direktor Christopher Bruce. Dessen Nachfolger Mark Baldwin hat auch schon einen Namen, doch halten ihm manche Kritiker vor, man wisse nicht so recht, wo er künstlerisch hinwolle. Genauso könnte man sagen, dass er zu vielseitig ist, um sich auf eine bestimmte Linie festzulegen.

Das Programm am Dienstag rief die unterschiedlichsten Stimmungsbilder hervor. Im Theater Sadler's Wells im Trendviertel Islington gab es nicht nur die Einstein-Premiere unter dem Titel «Constant Speed», sondern zunächst noch andere Stücke. Den Auftakt machte eine wunderbar gespielte Satire auf die griechische Sage von Juno, Venus und Minerva, die vor dem Hirten Paris um den Preis der Schönheit wetteifern - ein Thema vieler Ballette. Doch in der Fassung von Anthony Tudor aus den 30er Jahren sind die drei Göttinnen alternde Prostituierte, die um die Gunst eines betrunkenen Bargastes buhlen.

Bedrückend wirken dagegen die Kindertotenlieder Gustav Mahlers zu Texten von Friedrich Rückert. Sie stammen ebenfalls aus Einsteins Geburtsjahr 1905. Eine Gemeinschaft ist von einem schrecklichen Unglück heimgesucht worden, das alle Kinder getötet hat. Durch seine Schlichtheit gewinnt der Tanz große Kraft, verstärkt durch den vorzüglichen Baritongesang Ashley Hollands.

Und dann also Einstein. Baldwin, beraten von einem Physikprofessor, macht sich zu Nutze, dass es sowohl in der Relativitätstheorie als auch im Tanz um Energie, Raum, Zeit und Geschwindigkeit geht. Das mag verrückt klingen, doch das Ergebnis ist ein Genuss. Die 20 Tänzer sind in leuchtende Kostüme gekleidet, jeder in einer anderen Farbe, und schließen sich in den unterschiedlichsten Figuren zusammen, wie ein Farbenprisma, das sich ständig verändert. Hyperaktiven Molekülen gleich, wirbeln sie über die Bühne, um dann zu erstarren.

Dazu spielt das Orchester Melodien, denen schon der Amateurgeiger Einstein in seinem «Wunderjahr» gelauscht haben mag: Eingängige Sachen des Operettenkönigs Franz Lehár, aber nichts aus der «Lustigen Witwe», sondern weniger Bekanntes. Die Musik ist hervorragend gewählt und gibt dem Ganzen eine zeitgenössische Note. Das Physikinstitut, das die Sache gesponsert hat, legt den Zuschauern zum Weiterlesen die «Annalen der Physik» ans Herz. Doch «Constant Speed» gibt keine Nachhilfestunde: Es befreit die Sinne, wie jedes gute Ballett.

Von Christoph Driessen, dpa

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