14.09.2022

Eiskalt mikroskopieren

Neuartiges Verfahren erweitert die Möglichkeiten der Kryo-Elektronenmikroskopie.

Forscher des Forschungszentrums Jülich und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf um Carsten Sachse machen Biomoleküle mittels Kryo-Elektronen­mikroskopie (Kryo-EM), auf atomarer Ebene sichtbar. In einer jetzt erschienenen Publikation stellen sie ein neues Verfahren vor, das die Kryo-EM mit einer sonst in der Material­forschung genutzten Methode kombiniert.

 

Abb.: Carsten Sachse neben dem Kryo­elektronen­mikroskop des Ernst...
Abb.: Carsten Sachse neben dem Kryo­elektronen­mikroskop des Ernst Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektro­skopie mit Elektronen (ER-C) am Forschungs­zentrum Jülich (Bild: S. Kreklau / FZJ)

Die noch relativ junge Technik der Kryo-EM hat im Vergleich zu der seit Jahrzehnten etablierten Röntgen­kristallographie einen entscheidenden Vorteil: Eiweißbausteine, Proteine, lassen sich damit im schockgefrosteten Zustand in ihrer natürlichen Umgebung beobachten, ohne sie zuvor zu einem künstlichen Kristall umbauen zu müssen. Üblicherweise kommt, nach dem Schockfrosten, das Verfahren der Transmissions­elektrone­nmikroskopie zum Einsatz. Bei der alternativen Methode, die die Forscher nun angewendet haben, handelt es sich dagegen um eine Weiterentwicklung der Rastertransmissionselektronenmikroskopie mit integrierten differentiellem Phasenkontrast, kurz iDPC-STEM.

„Dieses Verfahren ist bislang vorrangig in der Materialforschung zur Anwendung gekommen und hat dort bereits zu sehr hohen Auflösungen geführt. Bei der Untersuchung biologischer Proben haben wir damit nun direkt eine Abbildungs­qualität erreicht, wie sie vor einigen Jahren durch die Kryo-Elektronen­mikroskopie erstmals möglich wurde“, erläutert Carsten Sachse, Direktor am Ernst-Ruska-Centrum des Forschungszentrums Jülich und Professor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Gemeinsam mit Forschungspartnern des Analytik-Unternehmens Thermo Fischer Scientific in Eindhoven konnte er Protein­strukturen mittels iDPC-STEM mit einer Auflösung im Sub-Nanometer­bereich von 3,5 Angström darstellen. „Die Kryo-Elektronen­mikroskopie ist im Vergleich dazu heute bereits etwas weiter fortgeschritten. Aber unsere Ergebnisse zeigen, dass iDPC-STEM prinzipiell in der Lage ist, mit einigen Optimierungen ähnliche Auflösungen wie die heutige Kryo-EM zu erzielen und die Möglichkeiten der Strukturanalyse zu erweitern; insbesondere bei sehr heterogenen, ungleichmäßigen Proben oder einzelnen Partikeln, wenn die Möglichkeiten der Mittelung begrenzt sind“, so Sachse.

Bei der herkömmlichen Kryo-Elektronenmikroskopie werden Tausende, manchmal auch Zehn- oder Hundert­tausende Schnappschüsse einer Probe aus unterschiedlichsten Blickrichtungen aufgenommen. Ein leistungs­starker Computer errechnet daraus anschließend ein detailliertes dreidimensionales Bild des Moleküls oder Partikels. Die Raster­elektronen­mikroskopie tastet Objekte dagegen in winzigen Schritten zeilenweise ab und erzeugt so ein zusammengesetztes Bild, das ebenso viele Biomoleküle enthält und wie bei der herkömmlichen Kryo-EM als Grundlage für die dreidimensionale Strukturberechnung dient. Der eingesetzte Elektronen­strahl ist wie auch bei der Kryo-Elektronen­mikroskopie äußerst niedrig dosiert. Denn Biomoleküle sind typischerweise äußerst empfindlich. So wird verhindert, dass die hohe Energie des Strahls die empfindlichen Strukturen zerstört.

FZJ / DE

 

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