27.06.2024

Elegante Lösung von Gleichungen mit Zufallskomponenten

Physikalische, dynamische Prozesse lassen sich mit stochastischen partiellen Differentialgleichungen beschreiben.

Ob physikalische Phänomene, Aktienkurse oder Klima-Modelle: Viele dynamische Prozesse unserer Welt lassen sich mithilfe von partiellen Differential­gleichungen mathematisch beschreiben. Das ist dank der Stochastik sogar möglich, wenn bei diesen Vorgängen der Zufall eine Rolle spielt. Ein Forschungs­gegenstand sind seit einigen Jahrzehnten die stochastischen partiellen Differential­gleichungen. Markus Tempelmayr, Wissenschaftler am Exzellenz­cluster Mathematik Münster der Universität Münster, hat mit anderen Forschern einen Ansatz gefunden, der dazu beiträgt, eine bestimmte Klasse solcher Gleichungen zu lösen.

Abb.:  Markus Tempelmayr gelang ein Beweis, der zur Lösung von Gleichungen mit...
Abb.: Markus Tempelmayr gelang ein Beweis, der zur Lösung von Gleichungen mit Zufallskomponenten beiträgt.
Quelle: V. Liesche, U. Münster

Die Arbeit baut auf einer Theorie auf, die Martin Hairer, Träger der Fields-Medaille, 2014 mit internationalen Kollegen entwickelte. Sie gilt als Durchbruch im Forschungs­feld der singulären stochastischen partiellen Differential­gleichungen. „Bis dahin war es eher ein Mysterium, wie man diese Gleichungen löst. Der neue Beweis hat einen ‚Werkzeugkasten‘ bereitgestellt, mit dem man solche Gleichungen behandeln kann“, erläutert Markus Tempelmayr. Das Problem: Die Theorie sei relativ komplex, sodass die Anwendung der Werkzeuge und deren Adaption auf andere Situationen manchmal schwierig sei. 

„Wir haben deshalb in unserer Arbeit Aspekte der Toolbox aus einem anderen Blick­winkel betrachtet und einen Zugang gefunden und bewiesen, der einfacher und flexibel anzuwenden ist.“ 2021 ist die Studie, an der Markus Tempelmayr als Doktorand von Felix Otto am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Natur­wissenschaften mitgearbeitet hat, als Vorabveröffent­lichung erschienen. Seitdem haben bereits mehrere Forschungs­gruppen diesen alternativen Zugang mit Erfolg auf ihre Forschungs­settings angewandt.

Mit stochastischen partiellen Differential­gleichungen lassen sich unter­schiedliche dynamische Prozesse modellieren, zum Beispiel das Oberflächen­wachstum von Bakterien, die Ausbreitung von dünnen Flüssigkeits­filmen oder interagierende Teilche­nmodelle im Magnetismus. Diese konkreten Anwendungsfelder spielen bei der mathematischen Grundlagen­forschung allerdings keine Rolle, da es sich unabhängig davon stets um die gleiche Klasse von Gleichungen handelt. Die Mathe­matikerinnen und Mathematiker konzentrieren sich darauf, die Gleichungen trotz der stochastischen Terme und der daraus resultierenden Herausforderungen, wie überlagernde Frequenzen, die zu Resonanzen führen, zu lösen.

Dafür werden verschiedene Techniken genutzt. In Hairers Theorie kommen Methoden zum Einsatz, die zu anschaulichen Baum-Diagrammen führen. „Dabei werden Werkzeuge aus der stochas­tischen Analysis, Algebra und Kombinatorik angewandt“, erklärt Markus Tempelmayr. Er und seine Kollegen wählten dagegen einen analytischen Zugang. Dabei habe die Frage im Vordergrund gestanden, wie sich die Lösung der Gleichung verändert, wenn man den zugrunde­liegenden stochastischen Prozess verändert.

Ihr Weg war es, nicht direkt die Lösung der komplizierten stochastischen partiellen Differential­gleichung in Angriff zu nehmen, sondern stattdessen viele verschiedene einfachere Gleichungen zu lösen und bestimmte Aussagen über diese zu beweisen. „Die Lösungen der einfachen Gleichungen kann man dann zusammen­setzen, also addieren, um eine Lösung der komplizierten Gleichung zu bekommen, an der man interessiert ist.“ Dieses Wissen nutzt auch Forschungs­gruppen, die mit anderen Methoden arbeiten.

U. Münster / JOL

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