Elektronen und Photonen kombiniert
EU fördert Weiterentwicklung der Elektronenmikroskopie mit fünf Millionen Euro.
Mithilfe von Elektronenmikroskopen lässt sich die atomare Struktur und die chemische Zusammensetzung von Materialien ermitteln – und damit letztendlich auch kontrollieren. Das macht die Elektronenmikroskopie zu einer Schlüsseltechnologie, wenn es darum geht, hochfunktionale Materialien zu entwickeln, die die Zukunftsbereiche wie erneuerbare Energien, Biowissenschaften sowie Kommunikations- und Quantentechnologie vorantreiben könnten. Das Ziel des europäischen Projektes EBEAM – „Electron Beams Enhancing Analytical Microscopy“ – ist es, die Methoden der analytischen Elektronenmikroskopie für die künftigen technischen Anforderungen weiterzuentwickeln, indem die Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Photonen einbezogen werden. Die Europäische Union fördert es seit dem 1. Januar 2021 im Rahmen ihres Förderprogramms Horizont 2020 für Forschung und Innovation mit fünf Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. Zu den beteiligten Projektpartnern gehören neben Nahid Talebi vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sieben weitere Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Deutschland, den Niederlanden, Spanien und Frankreich.
In Elektronenmikroskopen werden Elektronen zu einem Strahl gebündelt, sehr schnell beschleunigt und auf eine Materialprobe gerichtet. Die bisher größtmögliche Auflösung liegt im Bereich weniger Ångström. Je nach Art des Mikroskops lassen sich von der Art und Weise, wie Elektronen die Materialprobe durchdringen oder von ihr reflektiert werden, Rückschlüsse auf die Eigenschaften und Prozesse im Material schließen. Im EBEAM-Projekt wollen die Wissenschaftler die Elektronenstrahlen im Elektronenmikroskop erstmals mit Lichtstrahlen kombinieren, um die Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Photonen zu nutzen. Denn treffen Elektronen auf Photonen, ändert sich zum Beispiel ihre Energie, ihre Geschwindigkeit oder ihr Schwung.
Die Forscher hoffen, auf diese Weise die Geschwindigkeit, mit der die Materialproben bestrahlt werden, zu erhöhen und damit die Auflösung von Elektronenmikroskopen noch weiter zu verbessern. „Damit würde man eine Dimension erreichen, die ganz neue Möglichkeiten im Materialdesign eröffnet“, sagt Nanooptik-Forscherin Nahid Talebi. Außerdem wollen sie durch die Nutzung der Elektronen-Licht-Wechselwirkung den Energieverbrauch der Messmethoden senken. In Forschungsprojekten zu Energieumwandlungsmaterialien, zu optoelektronischen Materialien und zur Quantentechnologie sollen die neuen Methoden angewendet werden.
Das EBEAM-Projekt umfasst insgesamt vier Teilbereiche zu verschiedenen Anwendungsgebieten der Elektronenmikroskopie. „In meinem Teilprojekt entwickle ich Methoden, um unter anderem die Ausbreitung von Photonen in Halbleitern zu untersuchen und so am Ende eine kohärente Energieübertragung in nanophotonischen Bauelementen zu erreichen. Diese Techniken sind auch für andere Disziplinen interessant und könnten zu neuen Kooperationen führen“, so Talebi, die auch in weitere der Teilprojekte involviert ist. Finanziert wird das europäische Großprojekt im Rahmen der Förderlinie “FET Proactive“ im Forschungsprogramm Horizon 2020. Ihr Ziel ist es, Wissenschaftler verschiedener Disziplinen aus ganz Europa zusammenzubringen, um gerade entstehende Zukunftstechnologien voranzutreiben. Neben der Grundlagenforschung soll das EBEAM-Projekt auch die Infrastruktur auf dem Gebiet der analytischen Elektronenmikroskopie stärken und die europaweite wissenschaftliche und wirtschaftliche Zusammenarbeit fördern. Dazu will das Konsortium regelmäßige internationale Workshops und Summerschools veranstalten sowie Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit durchführen.
CAU Kiel / JOL