11.11.2016

Energiespeicher von morgen

Test eines neuen Meeres-Pump-Speicher-Systems im Boden­see.

Wie kann man die enormen Mengen durch Offshore-Wind­kraft erzeugten Stroms bereits vor Ort zwischen­speichern? Bisher gab es auf diese Frage keine Antwort. Nun geht nach mehr­jähriger Forschungs­arbeit das vom Bundes­minis­terium für Wirt­schaft und Energie geför­derte Projekt „Stored Energy in the Sea“ in die Erpro­bungs­phase.

Abb.: Konzept für ein Meeres-Pump­speicher­kraft­werk mit vielen zur Zwischen­spei­cherung von Offshore-Strom. (Bild: Fh.-IWES)

Ein Modell im Maßstab 1:10 mit rund drei Metern Durchmesser wurde am 8. November im Fähr­hafen von Konstanz in den Boden­see gebracht und einen Tag später etwa zwei­hundert Meter vor dem Ufer in Über­lingen in hundert Meter Tiefe abge­lassen. Dort wird es vier Wochen lang getestet. „Auf dem Meeres­boden instal­lierte Pump­speicher­kraft­werke können in großen Wasser­tiefen den hohen Wasser­druck nutzen, um mit Hilfe von Hohl­körpern Strom­energie speichern zu können“, erläutert Horst Schmidt-Böcking, emeri­tierter Pro­fessor der Uni Frank­furt. Mit Strom wird über eine Elektro­pumpe Wasser aus der Kugel heraus­gepumpt, um Energie zu speichern. Wasser strömt durch eine Turbine in die leere Kugel hinein und erzeugt über einen Gene­rator Strom, um die Energie zurück­zu­gewinnen. Dieses Prinzip der Off­shore-Energie­spei­cherung hat Schmidt-Böcking 2011 mit seinem Kollegen Gerhard Luther von der Uni Saar­brücken zum Patent ange­meldet.

Auf Basis einer Vorstudie führte das Fraunhofer-Institut für Wind­energie und Energie­system­technik eine eine detail­lierte System­ana­lyse mit Konstruk­tion, Bau- und Logistik­konzept des Druck­be­hälters durch, ent­wickelte eine Pump-Turbinen-Einheit, unter­suchte die Ein­bindung in das Strom­netz, führte Wirt­schaft­lich­keits­berech­nungen durch und ent­wickelte eine Road­map für die tech­nische Um­setzung. Nun läuft der vier­wöchige Modell­ver­such im Boden­see. „Wir werden ver­schie­dene Tests fahren, um Detail­frage­stel­lungen zur Kon­struk­tion, der Instal­lation, der Aus­legung des Trieb­strangs und des elek­tri­schen Systems, der Betriebs­führung und Regelung, der Zustands­über­wachung und der dyna­mischen Model­lierung und Simu­lation des Gesamt­systems zu über­prüfen“, erläutert Projekt­leiter Matthias Puchta.

Abb.: Das Modell im Maß­stab 1:10 im Fähr­hafen von Konstanz. (Bild: Fh.-IWES)

Mit den Ergebnissen des Modellversuchs wollen die Forscher zunächst geeig­nete Stand­orte für ein Demon­stra­tions­projekt in Europa genauer unter­suchen. Für den Demon­stra­tions­maß­stab des Systems streben sie einen Kugel­durch­messer vor dreißig Metern an. Sicher ist, dass das Konzept erst ab Wasser­tiefen von etwa sechs- bis acht­hundert Metern wirt­schaft­lich anwend­bar sein wird. Die Speicher­kapa­zität steigt bei gleichem Volumen linear mit der Wasser­tiefe und beträgt für eine dreißg Meter große Kugel bei sieben­hundert Metern Tiefe unge­fähr zwanzig Mega­watt­stunden.

„Es gibt ein großes Potential für die Anwendung von Meeres­pump­speicher­systemen in küsten­nahen Stand­orten, insbe­sondere auch vor den Küsten bevöl­kerungs­dichter Regionen“, sagt IWES-Bereichs­leiter Jochen Bard. „Mit heutiger standardi­sierter und verfüg­barer Technik sehen wir bei der Speicher­kapa­zität von 20 MWh pro Kugel eine welt­weite elek­trische Gesamt­speicher­kapa­zität von 893.000 MWh. Damit ließen sich kosten­günstig wichtige Aus­gleichs­bei­träge für die schwan­kende Erzeu­gung aus Wind und Sonne leisten.“

Fh.-IWES / RK

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