Wie kann man die enormen Mengen durch Offshore-Windkraft erzeugten Stroms bereits vor Ort zwischenspeichern? Bisher gab es auf diese Frage keine Antwort. Nun geht nach mehrjähriger Forschungsarbeit das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Projekt „Stored Energy in the Sea“ in die Erprobungsphase.
Abb.: Konzept für ein Meeres-Pumpspeicherkraftwerk mit vielen zur Zwischenspeicherung von Offshore-Strom. (Bild: Fh.-IWES)
Ein Modell im Maßstab 1:10 mit rund drei Metern Durchmesser wurde am 8. November im Fährhafen von Konstanz in den Bodensee gebracht und einen Tag später etwa zweihundert Meter vor dem Ufer in Überlingen in hundert Meter Tiefe abgelassen. Dort wird es vier Wochen lang getestet. „Auf dem Meeresboden installierte Pumpspeicherkraftwerke können in großen Wassertiefen den hohen Wasserdruck nutzen, um mit Hilfe von Hohlkörpern Stromenergie speichern zu können“, erläutert Horst Schmidt-Böcking, emeritierter Professor der Uni Frankfurt. Mit Strom wird über eine Elektropumpe Wasser aus der Kugel herausgepumpt, um Energie zu speichern. Wasser strömt durch eine Turbine in die leere Kugel hinein und erzeugt über einen Generator Strom, um die Energie zurückzugewinnen. Dieses Prinzip der Offshore-Energiespeicherung hat Schmidt-Böcking 2011 mit seinem Kollegen Gerhard Luther von der Uni Saarbrücken zum Patent angemeldet.
Auf Basis einer Vorstudie führte das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik eine eine detaillierte Systemanalyse mit Konstruktion, Bau- und Logistikkonzept des Druckbehälters durch, entwickelte eine Pump-Turbinen-Einheit, untersuchte die Einbindung in das Stromnetz, führte Wirtschaftlichkeitsberechnungen durch und entwickelte eine Roadmap für die technische Umsetzung. Nun läuft der vierwöchige Modellversuch im Bodensee. „Wir werden verschiedene Tests fahren, um Detailfragestellungen zur Konstruktion, der Installation, der Auslegung des Triebstrangs und des elektrischen Systems, der Betriebsführung und Regelung, der Zustandsüberwachung und der dynamischen Modellierung und Simulation des Gesamtsystems zu überprüfen“, erläutert Projektleiter Matthias Puchta.
Abb.: Das Modell im Maßstab 1:10 im Fährhafen von Konstanz. (Bild: Fh.-IWES)
Mit den Ergebnissen des Modellversuchs wollen die Forscher zunächst geeignete Standorte für ein Demonstrationsprojekt in Europa genauer untersuchen. Für den Demonstrationsmaßstab des Systems streben sie einen Kugeldurchmesser vor dreißig Metern an. Sicher ist, dass das Konzept erst ab Wassertiefen von etwa sechs- bis achthundert Metern wirtschaftlich anwendbar sein wird. Die Speicherkapazität steigt bei gleichem Volumen linear mit der Wassertiefe und beträgt für eine dreißg Meter große Kugel bei siebenhundert Metern Tiefe ungefähr zwanzig Megawattstunden.
„Es gibt ein großes Potential für die Anwendung von Meerespumpspeichersystemen in küstennahen Standorten, insbesondere auch vor den Küsten bevölkerungsdichter Regionen“, sagt IWES-Bereichsleiter Jochen Bard. „Mit heutiger standardisierter und verfügbarer Technik sehen wir bei der Speicherkapazität von 20 MWh pro Kugel eine weltweite elektrische Gesamtspeicherkapazität von 893.000 MWh. Damit ließen sich kostengünstig wichtige Ausgleichsbeiträge für die schwankende Erzeugung aus Wind und Sonne leisten.“
Fh.-IWES / RK