10.09.2008

Erfolgreicher Start des LHC

Die Physiker am Europäischen Zentrum für Teilchenphysik CERN bei Genf schickten den ersten Strahl aus Atomkernen durch den kompletten 27 Kilometer langen Ringtunnel des Teilchenbeschleunigers LHC.

Genf/Hamburg (dpa) - Die größte Forschungsmaschine der Welt ist erfolgreich in Betrieb gegangen. Die Physiker am Europäischen Zentrum für Teilchenphysik CERN bei Genf schickten am Vormittag des 10. September 2008 den ersten Strahl aus Atomkernen durch den kompletten 27 Kilometer langen Ringtunnel des Teilchenbeschleunigers LHC. Künftig sollen fast lichtschnelle Atomkerne in der Anlage kontrolliert zusammenstoßen, um Aufschluss über die Geheimnisse des Urknalls, des geheimnisvollen dunklen Teils des Universums und der Materie zu geben. Die Vorbereitungen für den LHC laufen seit 25 Jahren.

«Das ist ein historischer Moment», sagte der designierte CERN-Generaldirektor Prof. Rolf-Dieter Heuer. «Ich bin schlichtweg begeistert.» Die rund drei Milliarden Euro teure Maschine der Superlative war Schritt für Schritt in Betrieb genommen worden, der Atomkernstrahl wurde jeweils um einen Achtelkreis weitergeleitet.

Die Physiker im CERN-Kontrollraum feierten jeden erfolgreichen Schritt mit großem Applaus. Als der Strahl einen Vollkreis umrundet hatte, brach wie bei einem Raketenstart spontaner Jubel aus.

Mit ersten Ergebnissen der gigantischen Wissenschaftsmaschine ist frühestens im nächsten Jahr zu rechnen. Der Teilchenbeschleuniger verläuft 100 Meter unter der Erde im Grenzgebiet Frankreichs und der Schweiz. Auch viele Deutsche sind an den Forschungen dort beteiligt.

Der «Large Hadron Collider» (großer Hadronen-Speicherring) war seit 1983 geplant und gebaut worden. Mit dem Rieseninstrument wollen die Physiker unter anderem untersuchen, was beim Urknall geschah, woraus die Dunkle Materie besteht, die im Universum rund vier Mal häufiger ist als die uns vertraute gewöhnliche Materie, und woher Teilchen ihre Masse beziehen. Forscher halten es für ausgeschlossen, dass die Anlage Schwarze Löcher erzeugen könnte, die die Erde verschlucken. Entsprechende Befürchtungen nannten sie «absurd».

Hintergrund - Das europäische Teilchenforschungszentrum CERN

Die populärste Errungenschaft des europäischen Teilchenforschungszentrums CERN bei Genf benutzen heute weltweit nahezu anderthalb Milliarden Menschen: Das World Wide Web - 1990 am CERN erfunden, um den Physikern den Datenzugriff zu erleichtern - hat sich von den Laboren in der Schweiz in rasender Geschwindigkeit um die Welt gewoben, den Zugang zu Information revolutioniert und neue Wirtschaftszweige entstehen lassen. Dabei ist das «WWW» lediglich eins von vielen Nebenprodukten aus dem 1954 gegründeten Forschungszentrum, an dem bis zu 10 000 Menschen aus rund 80 Nationen arbeiten.

Die Experimente beim CERN haben unser heutiges Verständnis der Welt entscheidend geprägt und auch zahlreiche Alltagsanwendungen hervorgebracht. So sind Detektortechniken der Teilchenphysik in der medizinischen Diagnostik heute weit verbreitet, und auch Teilchenbeschleuniger für die Krebstherapie sind nichts Ungewöhnliches mehr.

Die Arbeit schlägt sich aber nicht nur in Physik und Technik nieder. Die Gründung des CERN («Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire» - Europäischer Rat für Kernforschung) galt auch als wichtiger politischer Schritt. Menschen aus verschiedenen Nationen, unter anderem auch aus den damaligen Ostblockstaaten, haben sich dort persönlich kennengelernt und zusammengearbeitet. Wissenschaftliche Zusammenarbeit hat sich als lohnender Schritt auf dem Weg zu politischer Kooperation bewährt. Das gilt bis heute: «Wir haben Wissenschaftler aus Indien und Pakistan, aus arabischen Staaten und Israel und Iran und den USA, die bei uns zusammenarbeiten», betont CERN-Generalsekretär Maximilian Metzger. Die CERNianer sehen sich gern als eine Art kleine Vereinte Nationen.

20 Länder sind inzwischen am weltgrößten Teilchenforschungszentrum beteiligt. Das CERN verfügt in diesem Jahr über ein Budget von 564,7 Millionen Euro. Jeder fünfte Euro kommt aus Deutschland, die Bundesrepublik ist damit der größte Geldgeber.

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