19.08.2024

Erste Messungen am Neutrino-Observatorium DUNE

Neuer Detektortyp konnte die ersten Neutrinos nachweisen.

Das Deep Under­ground Neutrino Experiment (DUNE) in den USA soll die Geheimnisse der Neutrinos entschlüsseln. DUNE ist ein inter­nationales Flaggschiff-Experiment am Forschungs­zentrum Fermi National Accelerator Laboratory (Fermilab) nahe Chicago, an dem mehr als 1400 Forschende aus rund 200 Instituten weltweit beteiligt sind. Im Rahmen der Forschungs­vereinbarung zwischen der Universität Bern und dem Fermilab beteiligen sich auch Forschende des Laboratoriums für Hochenergie­physik (LHEP) und des Albert Einstein Center for Fundamental Physics (AEC) der Universität Bern am DUNE-Experiment. Der DUNE-Kollaboration ist es nun gelungen, die ersten Neutrinos mit dem „2x2“-Prototyp des Detektors „ND-LAr“, der an der Universität Bern entwickelt und gebaut wurde, am Fermilab nachzu­weisen.

Abb.: Lorenzo Meier und Livio Calivers vom Laboratorium für Hochenergiephysik...
Abb.: Lorenzo Meier und Livio Calivers vom Laboratorium für Hochenergiephysik der Universität Bern beim Zusammenbau des „2x2“-Prototyps am Fermilab.
Quelle: D. Svoboda, Fermilab

DUNE ist auf zwei Standorte aufgeteilt, auf das Fermilab bei Chicago und auf die Stanford Underground Research Facility in South Dakota. Ein Neutrinostrahl, der am Fermilab erzeugt wird, durchläuft zunächst einen „near detector“, um Neutrinos nahe der Quelle zu erfassen. Der Strahl reist dann 1300 Kilometer durch den Boden zu mehreren riesigen Teilchen­detektoren in South Dakota. Durch die Messungen nahe und fern der Quelle wollen die Forschenden erfahren, wie die Teilchen auf ihrer Reise ihren Typ ändern, die Neutrino-Oszillation. Die Forschenden werden DUNE auch nutzen, um das Gegenstück der Neutrinos, die Antineutrinos, zu untersuchen. DUNE befindet sich derzeit noch im Bau, wird zukünftig aber das umfassendste Spitzen­experiment in der Neutrinoforschung der Welt sein.

Die Forschenden der Universität Bern steuern die Hauptkomponente des „near detectors“ bei. Dieser „ND-LAr“ ist eine neuartige Imple­mentierung der Flüssig-Argon-Technik, die in Bern konzipiert und entwickelt wurde. Der Detekto verfügt über ein Pixel­auslesesystem mit Millimeter-Auflösung, das hochpräzise 3D-Bilder der Neutrino-Wechsel­wirkungen großem Maßstabs ermöglicht. „An diesem Forschungs­projekt ist besonders faszinierend, dass wir 3D-Bilder mit einer sehr guten Auflösung von einem Teilchen machen, das nur sehr selten Wechselwirkungen mit dem Argon im Detektor hat. Mit der hier an der Universität Bern im Labor entwickelten Detektor­technologie können wir aber tatsächlich sehen, wie diese Teilchen wechselwirken“, freut sich Michele Weber, Direktor des Labora­toriums für Hochenergie­physik (LHEP) und Leiter der Berner DUNE-Gruppe. 

Der „ND-LAr“ wird 35 Flüssig-Argon-Module mit einer 5x7-Anordnung umfassen, welche die Neutrinos erkennen und analysieren. Die hohe Anzahl an Modulen wird dafür benötigt um die vielen überlappenden Wechsel­wirkungen des gewaltigen Neutrinostroms in der Nähe der Strahlquelle zu separieren und beobachten zu können. Um die Funktionsweise des Detektors zu testen, wurde ein kleinerer Prototyp des „ND-LAr“ – bekannt als „2x2“-Prototyp, weil er nur aus vier quadratisch angeordneten und kleineren Flüssig-Argon-Modulen besteht – mit derselben Technik gebaut. In Vorbereitung auf die endgültige Installation wurde der „2x2“-Prototyp am Fermilab in einem Neutrino­strahl getestet. Dabei ist es gelungen, die ersten Neutrinos nachzuweisen. 

Der erfolgreiche Nachweis bestätigt die neuartige Techno­logie und das Design vom „ND-LAr“. „Es ist großartig zu sehen, wie aus kleinen Tests in unserem Berner Labor nun eine fort­geschrittene Technologie entstanden ist, mit der wir Neutrinos messen können. Nicht nur die Techno­logie hat sich weiterentwickelt, sondern auch das Projekt selbst. Aus einem kleinen Experiment ist eine bedeutende Zusammenarbeit mit vielen anderen Forschenden an der Weltspitze der Teilchen­physik geworden“, sagt Livio Calivers. Die Erprobung des Prototyps des „ND-LAr“ war notwendig, um sicherzustellen, dass das innovative Design und die Technologie auch in großem Massstab funktionieren wird und die Anforderungen des „ND-LAr“ erfüllt werden können. 

Detektoren mit Flüssig-Argon-Technik, wie der Detektor des ebenfalls am Fermilab durchgeführten MicroBooNE-Experiments, bei dem auch die Universität Bern beteiligt war, wurden in der Neutrino­forschung bereits eingesetzt. Ein Detektor, wie der „ND-LAr“, der einen intensiven Strom von Neutrinos und Anti­neutrinos in 3D-Bildern nachweisen kann, wurde hingegen noch nie zuvor gebaut oder getestet. „Der erfolg­reiche Test des Prototyps stellt einen bedeutenden Meilenstein dar, der das Potenzial dieser Techno­logie verdeutlicht und den Weg für den Bau des ‘ND-LAr’ ebnen wird“, so Weber weiter.

Der Nachweis von Neutrinos mit dem Prototyp stellt einen bedeutenden Fortschritt im DUNE-Experiment dar und bringt die Wissenschaft näher an neue Erkenntnisse in der Neutrino-Forschung. „Der erfolgreiche Neutrino­nachweis vom 2x2-Prototyp erlaubt uns das Design von ND-LAr zu finalisieren und anschließend mit dem Bau des near detector zu beginnen. Parallel dazu werden derzeit bei Tests an der Universität Bern Flüssig-Argon-Module in der endgütligen Größe des Detektors geprüft“, erklärt Weber.

U. Bern / JOL

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