18.01.2011

Farben reinigen die Luft

Kasseler Forscher entwickeln Gemische aus Farbstoffen und Titan-Nanopartikeln die photokatalystisch die Luft reinigen können.

Kasseler Forscher entwickeln Gemische aus Farbstoffen und Titan-Nanopartikeln die photokatalystisch die Luft reinigen können.

Nanowissenschaftler des Instituts für Chemie und des Center for Interdisciplinary Nanostructure Science and Technology (CINSaT) der Universität Kassel entwickeln derzeit Mixturen aus winzigen Farbstoffmolekülen und Titandioxid-Nanopartikeln. Die daraus entstehenden Spezialfarben könnten als Anstrich auf Schallschutzwänden, Leitplanken und Brücken entlang der Straßen die Luft reinigen.

Rüdiger Faust und seine Mitarbeiter arbeiten seit etwa einem Jahr daran, dass diese Vision Wirklichkeit wird. Grundlage ist die Photokatalyse, der sich die Industrie bereits in einer Reihe von marktgängigen Produkten zunutze gemacht hat: Selbstreinigende Fenster, Dachpfannen und Autorückspiegel beispielsweise werden mit Nanopartikeln aus Titandioxid beschichtet. Trifft Licht auf die Beschichtung, so entsteht reaktiver Sauerstoff, der Schmutz auf der Oberfläche durch Oxidation zersetzt. Ob die Photokatalyse auch effizient zur Luftreinigung eingesetzt werden kann, wollen die Kasseler Wissenschaftler gemeinsam mit Forschern der Universitäten Hannover und Dresden sowie Partnern aus der Industrie klären.

Die Zersetzung von Schmutz oder Schadstoffen durch Titandioxid funktioniert eigentlich nur, wenn energiereiches, ultraviolettes Licht auf die Partikel trifft und den Oxidationsprozess in Gang bringt. Die von den Kasseler Chemikern modifizierten Farbstoffe sollen nun bewirken, dass der Oxidationsprozess auch dann in Gang kommt, wenn weniger energiereiches, langwelliges Licht – wie im Winter oder im Schatten – auf die Titandioxidpartikel trifft. Die Forscher experimentieren dabei mit Phthalocyaninen, Farbstoffe in den Tönen Grün und Blau, wie sie auch aus Tinten und Autolacken bekannt sind. „Farbstoffe dieses Typs sind in der Lage, die vom Licht aufgenommene Energie für den reinigenden Oxidationsprozess einzusetzen“, sagt Faust. Nun arbeiten die Kasseler Forscher daran, den Wirkungsgrad des Energieumsatzes ihrer Farbstoffe weiter zu optimieren. Ziel ist eine Rezeptur, mit der die reinigenden Farben in industriellem Maßstab gefertigt werden können.

Faust sieht neben der Luftreinhaltung entlang von Verkehrsstraßen (ein Praxistest zur Photokatalyse von Stickoxid in Nitrat folgt dieses Jahr) weitere Einsatzmöglichkeiten für das Hybridmaterial. So könnte ein Anstrich mit der Spezialfarbe in Operationsräumen dafür sorgen, dass die Belastung durch gefährliche Keime vermindert wird. Und in Wohnungen könnte die Farbe die Raumluft von Formaldehyd befreien, das aus manchen Möbeln ausdünstet und die Gesundheit gefährdet.

Uni Kassel / KK

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