11.03.2019

Fein verhüllte Elektroden

Ultradünne organische Elektroden-Deckschicht erlaubt präzise Kontrolle der elektrischen Eigenschaften.

Elektronik auf Kunststoffbasis – was klingt wie Zukunfts­musik, kommt durch eine Entdeckung aus Marburg einen großen Schritt voran: Elektrische Eigenschaften von Metallelektroden lassen sich präzise kontrollieren, wenn ihr eine extrem dünne organische Schicht aufliegt, die aus einer einzigen Lage von Molekülen besteht. „Unsere Ergebnisse sind von großer Bedeutung für das wachsende Feld der organischen Elektronik, weil sie dazu beitragen können, die Effizienz von Bauelementen zu verbessern“, erklärt Gregor Witte von der Philipps-Universität Marburg, der die Forschungs­arbeiten leitete. Organische Elektronik gilt als Technik der Zukunft: Ihre Bauteile lassen sich preisgünstig produzieren und erlauben neuartige Anwendungen, zum Beispiel Plastik-Verpackungen mit eingebauten Schaltkreisen.

Abb.: Eine unbedeckte Gold-Elektrode (links) zeigt andere elektronische...
Abb.: Eine unbedeckte Gold-Elektrode (links) zeigt andere elektronische Eigenschaften, als wenn ihr eine monomolekulare Schicht Phthalocyanin aufliegt (rechts). (Bild: F. Widdascheck)

Die Bauelemente der organischen Elektronik beruhen auf halb­leitenden aromatischen Molekülen, die ähnlich zu Biomolekülen und Kunst­stoffen sind. „Ein zentrales Problem besteht dabei oft in dem elektrischen Kontakt­widerstand, der sich an der Grenzfläche zwischen Metall­elektroden und organischem Halbleiter ergibt“, erläutert Witte.

Das Team verwendete eine bestimmte Klasse organischer Moleküle, um sie als extrem dünne Schicht auf einkristalline Gold- und Silber-Elektroden aufzutragen. Damit verfolgte die Forschungs­gruppe das Ziel, die elektronischen Eigenschaften an den Grenz­flächen der Elektroden gezielt zu verändern, so dass sie zu organischen Halbleitern passen. Als Deckschicht oder „contact primer“ wählten Witte und sein Team chemische Verbindungen aus der Gruppe der Phthalocyanine. „Diese kleeblatt­förmigen Moleküle sind sehr robust und werden bereits vielfältig als Farbstoff in Kunst­stoffen eingesetzt“, legt Wittes Mitarbeiterin und Koautorin Alrun Aline Hauke dar.

Die Arbeitsgruppe schaffte es, die Verbindung als Monolage aufzutragen: Das ist eine Schicht, die nur aus einer einzigen Lage geordneter Moleküle besteht – „etwa ein millionstel Mal so dick wie ein menschliches Haar“, wie Hauke sagt.

So dünn das Deckmaterial auch ist – wirkungsvoll ist es allemal, wie das Forschungsteam durch Messungen nachwies: Über die prozentuale Bedeckung der Elektroden durch die contact primer lässt sich die Energie-Barriere exakt einstellen, die Elektronen beim Übergang vom Metall in einen organischen Halbleiter überwinden müssen. „Unterschiedliche Moleküle liefern dabei unterschiedlich starke Änderungen der Barriere“, ergänzt Erstautor Felix Widdascheck, der ebenfalls zu Wittes Arbeitsgruppe gehört.

Aber wie verhält sich die Deckschicht außerhalb der Ideal­bedingungen im Labor, etwa auf einer polykristallinen Elektrode oder an Luft statt unter Vakuum? „Ein idealisiertes Modell­system ist unerlässlich für theoretische Modellierungen“, führt Hauke aus. „Doch Elektronik-Bauteile sind nicht ideal, sondern haben polykristalline oder amorphe Metall­elektroden und müssen auch im täglichen Leben funktionieren, nicht nur im Vakuum.“

Das Team untersuchte deshalb, ob die beobachteten Änderungen auch auf poly­kristallinen Elektroden auftreten und einem Kontakt mit Luft standhalten. Lassen sich die Moleküle erneut korrekt anordnen, wenn sie durch Lufteinwirkung durch­einander geraten sind? Ja, das geht, führt Hauke aus: „Wir zeigen, dass die molekulare Ordnung durch Glühen der Probe unter Vakuum­bedingungen weitgehend wiederhergestellt werden kann.“ Dieser Befund belege, dass der Ansatz auch in einer echten Fertigungsreihe funktionieren könne.

„Dies ist das erste Mal, dass eine derartige Studie in dieser Detailtiefe durchgeführt wurde“, hebt Seniorautor Witte hervor. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass mithilfe der richtigen Moleküle und bei sorgfältiger Präparation eine genaue Kontrolle der Grenz­fläche zwischen Metall und Halbleiter möglich ist.“ U. Marburg / DE

 

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