Femtogramm-Waage für einzelne Zellen
Mit schwingenden Nanohebeln aus Silizium können amerikanische Forscher die Masse winziger Partikel in Flüssigkeiten aufs Femtogramm exakt bestimmen.
Mit schwingenden Nanohebeln aus Silizium können amerikanische Forscher die Masse winziger Partikel in Flüssigkeiten aufs Femtogramm exakt bestimmen.
Cambridge (USA) – Über die Schwingungen winziger Nanohebel können Wissenschaftler bereits Teilchen auf wenige Zeptogramm (10 –21 g) genau wiegen. Doch funktioniert das nicht für empfindliche Proben mit lebenden Zellen oder bestimmten Biomolekülen, da diese in einem flüssigen Medium gehalten werden müssen. Genau für diesen Zweck entwickelten amerikanische Forscher eine hoch empfindliche Waage, die Partikel in einer Flüssigkeit mit einer Genauigkeit unterhalb eines Femtogramms (10 –15 g) wiegen kann. Ihre Ergebnisse, die zu mobilen, kleinen Diagnosegeräte führen könnten, veröffentlichen sie in der Zeitschrift „Nature“.
„Um kleine Masseänderungen aufzulösen, braucht man einen leichten Resonator, der in einem sehr reinen Ton klingt“, schreiben Thomas P. Burg und seine Kollegen vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Feine Mikrohebel aus Silizium erfüllen im Vakuum diese Anforderungen. Aber in einer viskosen Flüssigkeit würde das Schwingungsverhalten der Hebel und damit die Wäge-Empfindlichkeit stark eingeschränkt werden. Burg ätzte daher winzige Kanäle (mit einem Durchmesser von 3 µm) in die Siliziumhebel. Durch diese strömt kontinuierlich eine Flüssigkeit. Transportiert dieser Strom einzelne Zellen oder Biomoleküle, kann deren Masse exakt bestimmt werden. Dabei befindet sich der durchflossene Resonator selbst in einem winzigen Hohlraum unter Vakuum und kann ungestört schwingen.
Je nach Gewicht einer gerade durchfließenden Zelle oder eines Biomoleküls ändert sich die resonante Schwingungsfrequenz des Siliziumhebels um wenige Zehntel-Hertz. Um diese Variationen zu messen, lenkten die Forscher einen Laserstrahl auf den Hebel. Dieser wird reflektiert und trifft auf einen ortsauflösenden Photodetektor. Je nach Schwingungsfrequenz des Hebels verändert sich der Auftreffpunkt des reflektierten Laserstrahls. Eine Messgenauigkeit von etwa 30 Millihertz ermöglicht es, Masseänderungen auf weniger als ein Femtogramm genau zu bestimmen.
Abb. Wenn die winzige Teilchen oder Zellen durch das Bauteil fließen, ändert sich die Resonatorfrequenz des Siliziumbalkens (grün). Aus der Schwingungsänderung lässt sich die Masse des Partikels berechnen. (Quelle: Scott Manalis)
In ersten Versuchen wogen Burg und Kollegen eine Vielzahl von „Flüssigproben“ – von Antikörpern, über Proteine bis hin zu einzelnen Zellen und Bakterien. Das Gewicht des Erregers Escherichia coli konnten sie so mit etwa 110 Femtogramm bestimmen. Die Bakterie Bacillus subtilis brachte dagegen 150 Femtogramm auf die Resonator-Waage.
Mögliche Anwendungen sehen die Forscher in Biolaboren, um schnell und zuverlässig Proben auf die enthaltenen Moleküle oder Zellen untersuchen zu können. Über den Durchfluss einer bestimmten Flüssigkeitsmenge ließen sich auch Zellen einer Probe rasch zählen. Hier denken Burg und Kollegen vor allem an ein günstiges und mobiles Diagnosegerät, um den Infektionsstatus von HIV-Patienten bestimmen zu können. Dazu muss die Anzahl an CD4-Zellen in einer Blutprobe bestimmt werden.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
Thomas P. Burg et al., Weighing of biomolecules, single cells and single nanoparticles in fluid, Nature 446, 1066 (2007).
http://dx.doi.org/10.1038/nature05741 - Massachusetts Institute of Technology, Cambridge:
http://www.mit.edu - Department of Mechanical Engineering:
http://www-me.mit.edu