Finanzierung für Teilchenforschung steht
Experimentelle Forschung zu fundamentalen Bausteinen der Materie am KIT mit 7,6 Millionen Euro gefördert.
Die experimentelle Forschung zu den fundamentalen Bausteinen der Natur und den dazu notwendigen Technologien am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wird zwischen 2019 und 2021 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 7,6 Millionen Euro gefördert. Die Wissenschaftler können damit die Forschung an internationalen Großexperimenten wie dem CERN in Genf in der Schweiz oder dem KEK im japanischen Tsukuba weiter vorantreiben.
Forscher am Institut für experimentelle Teilchenphysik (ETP) des KIT haben nun neue, erhebliche Fördermittel für ihre Beiträge zu den Experimenten CMS (Compact-Muon-Solenoid) am CERN und Belle II am KEK zugesprochen bekommen. Zusätzlich hat das BMBF dem KIT Mittel für den Aus- und Umbau des CMS-Experiments und die Entwicklung neuer Methoden zur Bewältigung der großen Datenmengen der Experimente bewilligt. Insgesamt beläuft sich die Fördersumme auf rund 7,6 Millionen Euro für die kommenden zweieinhalb Jahre.
Das CMS-Experiment ist als eines von vier großen Experimenten am Ringbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) des CERN im Einsatz. Das ETP ist seit dem Beginn der Planungs- und Konstruktionsarbeiten mit einem Team von insgesamt etwa neunzig Personen beteiligt. Das ist die größte universitäre Arbeitsgruppe, die am CERN forscht. Wesentliche Elemente des Detektors – insbesondere im Bereich der Siliziumtechnologie – entstanden in den Laboratorien des KIT. Außerdem wurden hier Algorithmen entwickelt, mit denen die riesigen Datenmengen analysiert werden können. Bisheriger Höhepunkt der Forschung am CERN war die Entdeckung des Higgs-Bosons im Jahr 2012, an dem Karlsruher Mitglieder der CMS-Gruppe maßgeblichen Anteil hatten.
Die Vorbereitungen für die Zukunft des CMS-Experiments ab dem Jahr 2026 sind bereits in vollem Gange. Forscher des KIT bauen dazu hochpräzise Silizium-Teilchendetektoren, mit denen im Inneren des CMS-Experiments auf die Flugbahnen von Elementarteilchen geschlossen werden kann. „In diesem Projekt verbindet sich physikalische Grundlagenforschung mit Technologieentwicklung, oft an der Grenze des technisch Machbaren“, charakterisiert Projektleiter Ulrich Husemann das Vorhaben.
Das Belle II-Experiment am KEK wird im Jahr 2019 die ersten Kollisionen bei hoher Luminosität aufzeichnen. Während der Large Hadron Collider am CERN der Beschleuniger mit den höchsten Energien ist, besitzt der japanische Superbeschleuniger die hundertfache Intensität gegenüber bisher betriebenen Anlagen. In Kollisionen von Elektronen mit deren Antiteilchen, den Positronen, ensteht eine große Anzahl von b-Quarks, deren hochpräzise Messung die Suche nach neuen Physikphänomenen erlaubt. Wichtige Elemente des Experimentes wurden am KIT entwickelt — insbesondere Algorithmen, welche die Daten mithilfe künstlicher Intelligenz interpretieren. Insgesamt ist ein Team aus etwa dreißig Wissenschaftlern und Studierenden des KIT an dem Experiment beteiligt.
„Wir haben in den letzten Jahren starke Indizien dafür gefunden, dass sich Elektronen und ihre schweren ‚Cousins‘, die Myonen und Tauonen, anders verhalten als wir erwarten“, sagt Projektleiter Florian Bernlochner. Bis Ende 2021 will das Belle-II-Experiment genügend Daten aufzeichnen, um diesem Mysterium auf den Grund zu gehen.
Einen Beitrag zur digitalen Agenda der Bundesregierung leistet das Verbundprojekt Pilot-ErUM-Data. In diesem Projekt arbeiten Wissenschaftler des KIT mit Partnern von anderen Universitäten aus den Forschungsfeldern Astroteilchen-, Hadronen-, Kern- und Teilchenphysik daran, effizientere Computing-Infrastrukturen, verbesserte Datenauswertung durch Methoden des maschinellen Lernens und leistungsfähigere Algorithmen zur Datenauswertung und Simulation zu entwickeln. „Die Herausforderungen durch die großen Datenmengen unserer Experimente erfordern neue, leistungsfähigere Rechenkonzepte“, sagt Projektleiter Günter Quast.
„Wir forschen weltweit und die Mitglieder unseres Teams kommen aus aller Welt. Mit den neuen Fördermitteln wird es uns gelingen, im Rahmen unserer Forschung nach den fundamentalen Bausteinen der Natur auch weiterhin unserer gesellschaftlichen Rolle nachzukommen und neben der Entwicklung neuer Technologien vor allem auch unseren wissenschaftlichen Nachwuchs in Hochtechnologien und internationaler Zusammenarbeit auszubilden“, betont der Leiter des ETP Thomas Müller, der als Projektleiter auch die laufenden CMS-Aktivitäten koordiniert.
KIT / DE