09.02.2018

Folgen der CO2-Speicherung im Meeresboden

Marine Ökosysteme verändern sich stark rundum natürlicher CO2-Quellen.

Tag für Tag setzen die Menschen fast einhundert Millionen Tonnen Kohlen­dioxid in die Atmo­sphäre frei. Eine mögliche Maßnahme gegen die stetig steigenden Treibhaus­gasmengen ist das Auffangen und Speichern des Klima­gases im Unter­grund (CCS – Carbon capture and storage). Dabei wird das CO2, am besten direkt am Kraftwerk, einge­fangen und anschließend tief unten im Boden oder Meeres­grund gelagert. Diese Methode birgt allerdings das Risiko, dass die Lager­stätten undicht werden und Gas aus dem Boden in die Umwelt entweicht. Das euro­päische Forschungs­projekt ECO2, koordiniert vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozean­forschung Kiel, widmet sich der Frage, wie Ökosysteme im Meer auf solche CO2-Lecks reagieren. Die Feld­studie einer inter­nationalen Forscher­gruppe um Massi­miliano Molari vom Max-Planck-Institut für Marine Mikro­biologie in Bremen und Katja Guilini von der Univer­sität Gent in Belgien zeigt nun, wie sich ein solcher CO2-Austritt auf die Bewohner des Meeres­bodens und ihren Lebens­raum auswirkt.

Abb.: Der Meeresboden dient als natürliches Labor, um den Einfluss von austretendem Kohlendioxid auf marine Ökosysteme zu untersuchen.(Bild: HYDRA, C. Lott)

Für ihre Unter­suchung besuchten die Forscher natürliche CO2-Quellen im sandigen Meeres­boden vor der Küste Siziliens. Sie verglichen das dortige Ökosystem mit Stand­orten, an denen kein Gas austritt. Zusätz­lich versetzten sie Sand zwischen Standorten mit und ohne CO2-Austritten, um zu sehen, wie die Boden­bewohner reagieren und inwieweit sie sich anpassen können. Ihr Fazit: Erhöhte Kohlen­dioxid­werte verändern das Ökosystem massiv. „Viele der ansäs­sigen Tiere wurden durch das austretende Kohlen­dioxid vertrieben“, berichtet Massi­miliano Molari. „Auch die Funktion des Öko­systems war gestört – und zwar dauerhaft. Selbst ein Jahr, nachdem Sediment von den CO2-Quellen in nicht-beein­flussten Meeres­boden versetzt worden war, hatte sich dessen typische Sandboden­gemeinschaft dort nicht eingestellt.“

Gemeinsam mit den aufstei­genden Gas­bläschen werden auch Nährstoffe an die Oberfläche trans­portiert. Das führte dazu, dass kleinste Algen im Boden um ein Vielfaches besser wuchsen. Die kleinen und größeren Tiere, die im Sand zuhause sind, trifft ein CO2-Leck besonders: Ihre Anzahl und Vielfalt nahm bei stei­genden CO2-Werten deutlich ab. Die Biomasse der Tiere sank auf ein Fünftel, obwohl durch die vielen kleinen Algen eigentlich mehr Nahrung vorhanden war. Die Anzahl der Mikro­organismen im Meeres­boden blieb trotz des CO2-Anstiegs gleich, aber ihre Zusammen­setzung änderte sich substan­ziell. Und die veränderte Lebens­gemeinschaft im Sand beein­trächtigt das ganze Ökosystem. Die meisten Bewohner können sich nicht langfristig an die neuen Umwelt­bedingungen anpassen.

„Ein Leck in einem Kohlenstoff­speicher unter dem Meer verändert grund­legend die Chemie in sandigen Meeres­böden und verändert in weiterer Folge die Funktion des ganzen Öko­systems“, fasst Molari zusammen. „Es besteht also ein beträcht­liches Risiko, dass ein Kohlen­dioxid-Leck dem Ökosystem vor Ort schadet. Dennoch können solche Kohlen­dioxid­speicher global betrachtet die Folgen des Klima­wandels mindern.“ Die neuen Resultate zeigen zum ersten Mal einen ganzheit­lichen Blick auf die Auswirkungen steigender CO2-Konzen­trationen am Meeres­boden. Sie betrachtet sowohl biolo­gische als auch biogeo­chemische Prozesse und verschiedene Niveaus der Nahrungs­pyramide von Mikroben bis hin zu großen wirbel­losen Tieren.

Schon jetzt gibt es CCS-Anlagen, beispiels­weise vor der norwe­gischen Küste. Inner­halb der Euro­päischen Union gilt CCS als eine Schlüssel­technologie zur Vermin­derung von Treibhaus­gasemissionen. „Unsere Ergeb­nisse zeigen deutlich, dass bei der Standortwahl und Planung von Kohlenstoff­speichern unter dem Meeres­boden auch ein genauer Blick auf die dortigen Bewohner und ihr Ökosystem geworfen werden muss, um Schäden zu mini­mieren“, betont Studien­leiterin Antje Boetius. „Anderer­seits gehören zum globalen Meeres­schutz auch Maßnahmen gegen die weiterhin hohen CO2-Emissionen.“

MPI Bremen / JOL

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