28.11.2011

Forschung unter Schwerelosigkeit

Die Texus 48-Mission soll die Treibstoffversorgung von Raketen und das Orientierungsvermögen von Fischlarven bei minimaler Gravitation untersuchen.

Am Sonntag, 27. November 2011, startete um 10:10 Uhr MEZ die Forschungsrakete Texus 48 des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) vom Weltraumzentrum Esrange bei Kiruna in Schweden. Schwerpunkt der Mission mit dem Beinamen Crystal (Cryo Stage Technology Advanced Laboratory) sind Tests neuer Technologien für eine verbesserte Treibstoffversorgung in Raketenoberstufen. Dafür wurden erstmalig zwei Module von Texus (Technologische Experimente unter Schwerelosigkeit) vor dem Start mit flüssigem Stickstoff betankt. Er dient als Testflüssigkeit für die Experimente.

Abb.: Am 27. November 2011 startete die Forschungsrakete Texus 48 vom Raumfahrtzentrum Esrange bei Kiruna in Nordschweden. (Bild: DLR (CC-BY 3.0))


Die Rakete erreichte während ihres rund dreizehnminütigen Fluges eine Höhe von 263 Kilometern. Dabei herrschte für etwa sechs Minuten annähernde Schwerelosigkeit.

Die Triebwerke von modernen Raketenoberstufen werden im Weltraum oft mehrfach gezündet, um die ideale Umlaufbahn möglichst effizient zu erreichen. Zwischen diesen Antriebsphasen ist die Oberstufe der Schwerelosigkeit ausgesetzt. Während dieser ballistischen Flugphasen ist es wichtig, die Positionierung der Treibstoffe in den Tanks der Raketenstufe zu kontrollieren. Sonst kann es passieren, dass sich die Flüssigkeit im Tank verteilt, statt am Tankauslass verfügbar zu sein. Aus diesem Grund befinden sich in den Tanks Vorrichtungen, die den Treibstoff sammeln – sie heißen Propellant Management Devices (PMDs). Ihre Funktion beruht üblicherweise auf der Kapillarwirkung.

Auf der Crystal-Texus-Mission werden diese PMDs nun mit ultrakalten Treibstoffen ausgiebig getestet. Die Raketenoberstufen werden klassischerweise mit flüssigem Sauerstoff, der eine Temperatur von minus 180 Grad Celsius besitzt, und mit flüssigem Wasserstoff (minus 255 Grad Celsius) betankt. Auf Texus 48 werden die beiden Raketentreibstoffe allerdings aus Sicherheitsgründen durch flüssigen Stickstoff (minus 200 Grad Celsius) ersetzt.

Mit Texus 48 sind auch 48 junge Fischlarven für einen kurzen Zeitraum ins All geflogen. Ihr Sinnesorgan für die Schwerkraftwahrnehmung ähnelt dem des Menschen. Es befindet sich im Innenohr und besteht aus kleinen Schweresteinen – Otolithen – und Sinneszellen, welche die Impulse der Otolithen ans Gehirn weiterleiten. Die Schweresteinchen entstehen durch die Biomineralisation von Kalziumkarbonat-Kristallen. Ein Vorgang, der durch das Gehirn gesteuert wird und auf beiden Kopfseiten unterschiedlich stark ausfallen kann. In solchen asymmetrisch geformten Otolithen vermuten Wissenschaftler den Grund für Bewegungskrankheiten wie die See- oder Reisekrankheit.

Forscher der Universität Stuttgart-Hohenheim untersuchen auf dem Flug den Zusammenhang zwischen Asymmetrie der Otolithen und Anpassungsvermögen an veränderte Schwerkraftbedingungen. Hierzu setzen sie die Hälfte der Fischlarven während des gesamten Fluges einer leicht verminderten Schwerkraft (0,01 g) aus. Die andere Hälfte schwebt zunächst nahezu schwerelos (0,0001 g) und erfährt anschließend die gleiche verminderte Schwerkraft wie die andere Gruppe. Die Wissenschaftler zeichnen die Bewegungen beider Gruppen auf und vergleichen später im Labor die Verhaltensparameter mit der Ausprägung der Sinnesorgane wie etwa Struktur und Kristallisation der Otolithen.

DLR / PH

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