15.10.2018

Fünf wegweisende Laser-Anwendungen

Fraunhofer-Institut für Lasertechnik präsentiert Neu­ent­wick­lungen auf der EuroBLECH.

Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik in Aachen steht wegen einer Viel­zahl an Projekten immer öfter vor der Qual der Wahl: Welche Inno­va­tionen sollen auf einer Industrie­ausstel­lung vor­ge­stellt werden? Auf der anste­henden Messe EuroBLECH präsen­tiert das Fraun­hofer-ILT fünf weg­weisende Ent­wick­lungen zu allen wichtigen Trends zeit­gemäßer Blech­bearbei­tung – vom hybriden Leicht­bau bis hin zum multi­funktio­nalen Laser­roboter­einsatz mit inte­griertem digi­talem Zwilling.

Abb.: MultiPROmobil ist ein multi­funktio­naler Laser-Bearbei­tungs­kopf, der inno­va­tive Blech­bau­gruppen durch inte­griertes Schneiden, Schweißen und Generieren von addi­tiven Struk­turen ermög­licht. (Bild: Fh.-ILT)

Für alle fünf Verfahren gibt es einen gemeinsamen Nenner: Sie stehen für ver­schie­dene Ansätze agiler, laser­ge­stützter Ferti­gung, die den Spagat zwischen Flexi­bi­lität und Produk­ti­vität schaffen. Gefragt ist dieser Spagat besonders beim hybriden Leicht­bau und der Elektro­mobi­lität, zwei wesent­liche Trends in der Blech­bearbei­tung. „Die Laser­technik ist im Zusammen­spiel mit der Digita­li­sierung eine prädes­tinierte Lösung, um in vola­tilen Märkten ständig schwan­kende und nicht mehr vorher­sag­bare Los­größen wirt­schaft­lich produ­zieren zu können“, erklärt Dirk Petring, Gruppen­leiter Makro­fügen und Schneiden am Fraun­hofer-ILT.

Zu diesem Anspruch passt das Leitmarkt-Projekt MultiPROmobil: Das von Nord­rhein-West­falen geför­derte Vor­haben startet im Oktober und wird vom Fraun­hofer-ILT koordi­niert. Ein Roboter und ein multi­funktio­naler Laser-Bearbei­tungs­kopf sollen durch cleveres Zusammen­spiel inte­griertes Schneiden, Schweißen und das Generieren von addi­tiven Struk­turen ermög­lichen. Unter­stützt werden sollen sie von einem digi­talen Zwilling sowie intelli­genter Aus­legungs- und Simu­la­tions­soft­ware. MultiPROmobil soll den zeit­lichen Auf­wand für die Inbetrieb­nahme um dreißig Prozent und Stück­zahl­kosten sowie Ressourcen­ver­brauch um mindes­tens zwanzig Prozent senken.

„In einer nachfolgenden Ausbaustufe soll eine Fertigungs­anlage mit mehreren Robotern ent­stehen, in der jeder ein­zelne Roboter alle drei Ferti­gungs­diszi­plinen beherrscht“, so Petring. „Damit lassen sich Prozess­ketten für die Herstel­lung von Blech­bau­gruppen gerade mit Blick auf die schritt­weise Ein­füh­rung der E-Mobi­lität sehr flexibel und skalier­bar gestalten.“ Aktuell arbeiten die Projekt­teil­nehmer daran, den Kombi­kopf so weiter­zu­ent­wickeln, dass er ohne Optik- und Düsen­wechsel zwischen Schneiden, Schweißen und nun­mehr auch addi­tiven Pro­zessen beliebig wechseln kann.

Ein weiteres Highlight ist das flexible Hochgeschwindig­keits­schneiden von Blech­bändern: Zusammen mit dem Fraun­hofer-ILT hat Honda in seinem Werk im japa­nischen Yorii das bis­herige Stanzen von bis zu 1,8 Meter mal 4,0 Meter großen Stahl­blechen mit einer Dicke von 0,5 bis 2,3 Milli­meter durch einen extrem schnellen Laser­schneid­prozess ersetzt, der mit einer Geschwin­dig­keit von bis zu 115 Metern pro Minute arbeitet. Honda erreicht mit dem Laser­schneid­system seit der Ein­füh­rung im Jahr 2015 eine Aus­brin­gung von 18.700 Karos­serie­teilen pro Tag. „Wir berichten in Hannover über den näch­sten Schritt hin zu einem sehr schnellen Schneid­prozess für diffe­ren­ziert gewalztes Band mit partiell unter­schied­lichen Eigen­schaften, den wir aktuell zusammen mit dem Unter­nehmen Bilstein in Hagen reali­sieren“, berichtet Petring. „Werkzeug­lose Ferti­gung beliebig variier­barer Schnitt­konturen und maxi­male Material­ein­sparung im Ferti­gungs­prozess sowie hin­sicht­lich des späteren Bau­teil­gewichtes sind aus­schlag­gebende Argu­mente. Wir werden nicht nur ein Video zum Prozess zeigen, sondern auch erste mit unserem Ver­fahren her­ge­stellte Form­platinen.“

Um den Leichtbau-Trend zu ultrahochfesten Stählen geht es im Projekt der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen, das von der Forschungsvereinigung Stahlanwendung getragen wird: Im Rahmen von FAAM – das Kürzel steht für: Weiter­ent­wick­lung, füge­tech­nische Absiche­rung und tech­nische Aus­legung von Schweiß­ver­bin­dungen mit marten­si­tischen Chrom­stählen – ent­wickelt das Fraun­hofer-ILT mit seinen Partnern Laser­schweiß­ver­fahren, die es an unter­schied­lichen Bau­teilen erprobt. Als Demon­strator dient beispiels­weise ein laser­gerecht konstru­iertes Stoß­fänger­modul, an dem die Forscher vor­führen, wie sich unter­schied­liche hoch- und ultra­hoch­feste Werk­stoffe in Hybrid­bau­weise laser­schweißen lassen.

Die optimale räumliche und zeitliche Einstellung des Temperatur­felds spielt die Haupt­rolle bei den aktu­ellen Forschungen auf dem Gebiet der Laser­wärme­behand­lung. In Hannover zeigt das Fraun­hofer-ILT, wie sich durch Anpassen des Strahl­profils mit­hilfe eines Frei­form­spiegels Bereiche und Zonen gezielt und lokal bearbeiten lassen, um so defi­nierte Festig­keits­profile zu erzeugen. Um die Laser­wärme­behand­lung prozess­sicher und kosten­effi­zient mit kurzen Takt­zeiten zu reali­sieren, arbeiten die Forscher mit deut­lich erhöhten Vorschub­geschwin­dig­keiten.

Das fünfte Exponat, ein Dachspriegel, erhielt in Chicago im Juni 2018 bei einem JEC-Event den „Future of Compo­sites in Trans­porta­tion 2018 Inno­va­tion Award“ für das Bau­teil, das im Rahmen des BMBF-Projekts HyBriLight ent­stand. Als Vor­lage kam ein Original­teil eines Fahr­zeugs der BMW 7er-Serie zum Ein­satz: ein Hybrid­bau­teil mit faser­ver­stärkter Kunst­stoff­strebe und metal­lischen Anbin­dungs­ele­menten zur Karos­serie. Als Alter­native zum bisher ein­ge­setzten Kleben und Nieten ver­wenden die Forscher des Fraun­hofer-ILT einen laser­basierten Füge­prozess, der Kunst­stoff und Metall per Form­schluss und Adhäsion mit­ein­ander ver­bindet. Außerdem wurden die Material­kosten durch Nutzung von GFK statt des teureren CFK deutlich redu­ziert. Letz­teres wird jetzt nur noch als festig­keits­stei­gernde Ein­lage an den Längs­seiten der Strebe ver­wendet.

Mit einem innovativen Laserschneidprozess, der die Bearbeitung des Material­ver­bundes aus GFK und CFK in einem Arbeits­schritt erlaubt, wird der Dach­spriegel abschlie­ßend besäumt. Für die Inno­va­tion sprechen mehrere Plus­punkte: Redu­zie­rung der Prozess­zeiten im Ver­gleich zu konven­tio­nellen Ver­fahren um siebzig Prozent, Halbie­rung der Roh­stoff­kosten und die Inte­gra­tion mehrerer Prozess­schritte in einen Prozess. In Hannover zeigt das Fraun­hofer-ILT die neue Dach­spriegel­variante, an deren Material­mix aus GFK, CFK und Metall die viel­sei­tigen Einsatz­möglich­keiten der Laser­bearbei­tung zum Fügen und Schneiden von komplex auf­ge­bauten Bau­teilen demon­striert werden.

Fh-ILT / RK

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