Gebündelte Strahlkraft
Vereinfachter Zugang zu Europas Ionenstrahlzentren.
Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf koordiniert seit kurzem das EU-Projekt RADIATE, in dem 18 europäische Partner ihre Ionenstrahl-Anlagen für Messgäste aus Wissenschaft und Industrie zur Verfügung stellen. Zudem stehen die Entwicklung von Software und die Nachwuchsförderung auf dem Programm des auf vier Jahre angelegten Projekts, das von der EU mit rund zehn Millionen Euro gefördert wird.
RADIATE steht für Research and Development with Ion Beams – Advancing Technology in Europe. Ionenstrahlen werden in diesem EU-Projekt als Werkzeug eingesetzt, um Materialoberflächen gezielt zu verändern beziehungsweise zu analysieren. „Ziel des Projekts ist es nicht nur, Wissenschaftlern den Zugang zu wissenschaftlichen Großgeräten zu ermöglichen sondern auch zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie beizutragen“, so der Koordinator Jürgen Fassbender, Direktor des HZDR-Instituts für Ionenstrahlphysik und Materialforschung. Dieses Institut beherbergt zugleich Europas leistungsstärkstes Ionenstrahlzentrum.
Ionenstrahl-Technologien sind aus vielen Bereichen nicht wegzudenken. So gäbe es ohne die Implantation von Fremdatomen in Halbleiter-Materialien keine Prozessor- und Speicherchips für Computer, Handys oder Digitalkameras. Mit Ionenstrahlen lassen sich die Eigenschaften von Materialien maßschneidern. Das betrifft neben den elektronischen Eigenschaften auch solche optischer, magnetischer oder mechanischer Natur. Die Forschung ist hier in den letzten Jahren weit vorangeschritten, aber der Industrie sind die Einsatzmöglichkeiten nicht immer ausreichend bekannt. Deshalb ist es ein wichtiges Anliegen von RADIATE, Nutzer aus allen Feldern mit den Möglichkeiten von Ionenstrahlen vertraut zu machen und einen einfachen Zugang zu den Top-Einrichtungen zu gewährleisten.
In der Forschung finden Ionenstrahlen Einsatz etwa in der Analyse von Materialien, da sie die Untersuchung der chemischen Zusammensetzung erlauben. So können Fehler und Unreinheiten entdeckt und die Materialqualität bestimmt werden. Ionenstrahlen geben aber auch Auskunft über das Alter und die Herkunft geologischer oder archäologischer Proben. Weitere Anwendungsgebiete finden sich in der Nanotechnologie, Astrophysik sowie den Bio-, Material- und Umweltwissenschaften.
Die insgesamt 18 Partner aus Wissenschaft und Industrie haben sich im RADIATE-Projekt unter dem europäischen Motto „Open Innovation, Open Science, and Open to the World“ zusammengeschlossen und wollen einen flexiblen, einfachen Zugang zu den wichtigsten Ionenstrahlzentren Europas ermöglichen. Daneben sollen Software-Programme entwickelt werden, die für alle interessierten Nutzer frei verfügbar sind. Damit wollen die Partner auch Forscher erreichen, die bisher keine Ionenstrahl-Technologien in ihrem Portfolio hatten. Schließlich stehen die Nachwuchsförderung und das Thema Weiterbildung auf der Agenda.
Während des Projekts werden drei Innovationsmanager in Kroatien, Slowenien und Ungarn die osteuropäischen Partner bei der Ausgründung von Firmen aus Forschungseinrichtungen heraus unterstützen. Als Vorbild soll hier das erfolgreiche Modell der HZDR Innovation GmbH gelten. Das Tochterunternehmen des HZDR nutzt freie Kapazitäten des Ionenstrahlzentrums für Aufträge aus der Industrie.
HZDR / RK