13.02.2009

Getrennt und doch zusammen: Nanokapseln mit Schlaufen sind auf immer verbunden

Wissenschaftler zeigen ersten mechanisch herbeigeführten, reversiblen Bindungsbruch eines Einzelmoleküls


   
Wissenschaftler zeigen ersten mechanisch herbeigeführten, reversiblen Bindungsbruch eines Einzelmoleküls

Mainz – Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz haben ein Molekül hergestellt, das bei Überstreckung auseinanderbricht, dann aber wieder zu seiner ursprünglichen Form zurückfinden kann. Sie stellen damit den ersten mechanisch herbeigeführten, umkehrbaren Bindungsbruch eines einzelnen Moleküls vor. "Es ist in etwa so, als ob wir zwei miteinander verbundene Kapseln auseinanderziehen, bis sie in der Mitte entzweibrechen. Wenn wir dann loslassen, können sich die beiden Hälften wieder zusammenfügen", erklärt Andreas Janshoff zu den Nanotechnologie-Arbeiten. Die Umkehrbarkeit des Vorgangs wird durch eine Schlaufenverbindung zwischen den beiden Hälften des Moleküls erreicht. Die Forschungsarbeiten wurden jetzt in dem Fachjournal Nature Nanotechnology vorgestellt.

Bei dem Versuchsobjekt der Nano-Wissenschaftler handelt es sich um ein sogenanntes Calixaren-Dimer, ein Molekül, das aus zwei Teilen besteht - daher die Bezeichnung "Dimer" - und das mit einer Größe von wenigen Nanometern zu den vergleichsweise großen Molekülen gehört. Calixarene finden Einsatz in der Analytik, da sie in der Lage sind Gastverbindungen selektiv einzuschließen. Durch ein spezielles Moleküldesign gelang es dem Team von Physikochemikern und organischen Chemikern, ein "verschlauftes" Calixaren-Dimer herzustellen, bei dem die beiden Teile durch Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden. Werden die Nanokapseln nun mit Hilfe einer extrem feinen Messspitze mechanisch verstreckt, reißen sie auseinander. "Durch die Verschlaufung können die Hälften aber nicht unendlich weit auseinander gehen, sondern sie werden von den molekularen Schlaufen zurückgehalten", erklärt Janshoff. Zusammen mit Jürgen Gauß und Gregor Diezemann vom Institut für Physikalische Chemie sowie Volker Böhmer und Nachwuchswissenschaftlerin Yuliya Rudzevich vom Institut für Organische Chemie sowie Piotr Marszalek von der Duke University hat er vor seinem Wechsel an die Georg-August-Universität Göttingen die Arbeiten im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 625 in Mainz durchgeführt. "Durch die Länge der Schlaufen können wir beispielsweise exakt limitieren, wie weit sich die beiden Teile des Moleküls auseinanderziehen lassen."

Die Einzelmolekül-Experimente geben den Wissenschaftlern ein besseres Verständnis davon, wie der Molekülkomplex bei Einwirkung einer äußeren Kraft zusammenhält und wie das Wasserstoffbrücken-Netzwerk funktioniert. Darüber hinaus liefern die experimentellen Tests auch die Grundlage für viele Theorien der aktuellen statistischen Mechanik: Ob die Moleküle in der komplexen Form mit beiden Hälften zusammen vorliegen oder ob sie mit den getrennten Hälften auftreten, kann durch die Schlaufenlänge eingestellt werden und so gezielt der Übergang von einem Gleichgewichts- in einen Nicht-Gleichgewichtszustand durch geschwindigkeitsabhängige Zugexperimente vollzogen werden. Dadurch können Theorien überprüft werden die aus dem Nicht-Gleichgewichtszustand die freie Energie rekonstruieren wollen. Diesem Thema wollen sich die Wissenschaftler in Zukunft verstärkt zuwenden.

Johannes Gutenberg-Universität Mainz


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