23.06.2021

Grüner Stahl mit Wasserstoffplasma

Neuer Prozess könnte 3,5 Milliarden Tonnen Kohlendioxid jährlich einsparen.

Deutschland, Europa und fast alle Länder der Welt streben eine klima­neutrale Wirtschaft an. Doch dieses Ziel wird mit der heutigen Technik kaum erreicht. Einer der größten indus­triellen CO2-Emittenten, die Eisen- und Stahl­industrie, hat bisher noch keine Möglichkeit in großem Stil grünen Stahl zu produ­zieren und ist bis heute für etwa sieben Prozent aller CO2-Emissionen weltweit verant­wortlich. Angesichts dieser Heraus­forderungen erforscht ein Team des Max-Planck-Instituts für Eisen­forschung MPIE die Möglichkeit, Wasserstoff­plasma für die Reduktion von Eisenerz anstelle von Koks oder reformiertem Erdgas einzusetzen. 

Abb.: Reduktion von Eisenerz mit Wasserstoff­plasma: Hämatit wird in den...
Abb.: Reduktion von Eisenerz mit Wasserstoff­plasma: Hämatit wird in den Lichtbogen­schmelzofen gegeben, in dem der Prozess durchgeführt wird. (Bild: © I. Souza, MPIE)

„Die Verwendung von reinem Wasserstoff anstelle von Koks oder refor­miertem Erdgas zur Reduktion von Eisenerz kann ein Weg sein, um CO2-Emissionen einzusparen. Allerdings erfordert die chemische Reaktion mit reinem Wasserstoff eine externe Energie­zufuhr. Die Verwendung von Wasserstoff­plasma dahin­gegen erlaubt die Reduktion mit weniger Energie durchzuführen. Während der Reduktion von Eisenerz im Licht­bogenofen, kollidieren H2-Moleküle aufeinander und mit Elektronen, was zur Bildung von hochenerge­tischem Wasserstoff führt. Dieser gibt seine Energie teilweise an der Reaktions­grenzfläche zwischen Oxid und Plasmalicht­bogen ab. Diese freigesetzte Energie wiederum wird für die Reduktions­reaktion benötigt. Der ganze Prozess ist also exotherm, da er keine externe Energie­zufuhr braucht. Deshalb ist der Einsatz von Wasserstoff­plasma anstelle von reinem Wasserstoff hier vorteilhaft“, erklärt Post­doktorand Isnaldi Souza.

Der Einsatz von Wasserstoff­plasma hat noch einen weiteren Vorteil: Eisenerz kann in einem einzigen Schritt gleichzeitig geschmolzen und reduziert werden, ohne nach­trägliche Agglo­merations- oder Raffinations­prozesse. „Wir haben die Nanochemie, die Grenzflächen­struktur und -zusammensetzung sowie die Kinetik der Phasen­umwandlung untersucht. Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von Wasser­stoffplasma in den etablierten industriellen Elektroöfen ohne größere Modi­fikationen stattfinden könnte. Dennoch untersuchen wir weiter mögliche Auswirkungen des Wasserstoff­plasmas auf die Elektroden- und Ofen­materialien“, sagt Postdoktorand Yan Ma.

Die neuesten Unter­suchungen zeigen die Thermo­dynamik und Kinetik der Wasserstoff-Plasma-Reduktion von Eisenerzen und bieten damit einen alter­nativen Weg für die Herstellung von grünem Stahl. Generell wurden am MPIE mehrere Gruppen einge­richtet, die sich mit den verschiedenen Aspekten nach­haltiger Metalle beschäftigen. Souza und Ma arbeiten beide in der abteilungs­übergreifenden Gruppe „Physical Metallurgy of Sustainable Alloys“. Verwandte Gruppen sind „Hydrogen in Materials“, „Hydrogen Mechanics and Interfaces“, „Compu­tational Sustainable Metal­lurgy“ und in Kooperation mit der RWTH Aachen die Gruppe „Sus­tainable Materials Science and Techno­logy“.

MPIE / JOL

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