11.02.2025

Grundlegende Schwingung in Atomkernen entschlüsselt

Komplexes Verhalten der Dipol-Riesenresonanz in ungewöhnlich geformten Atomkernen analysiert.

Forschende der TU Darmstadt um Norbert Pietralla am Institut für Kernphysik haben erstmals das komplexe Verhalten der Dipol-Riesenresonanz in ungewöhnlich geformten Atomkernen detailliert untersucht. Die Dipol-Riesenresonanz stellt eine elementare Schwingung dar, die in jedem Atomkern stattfinden kann und deshalb von großer kernphysikalischer Bedeutung ist. Dabei schwingen Protonen und Neutronen gegeneinander. Dieser Vorgang lässt sich durch hochenergetische Gamma-Strahlung anregen: Der Kern nimmt die Strahlung wie eine Antenne auf und versetzt sich dadurch in Schwingung. Diese regt sich zumeist durch Aussendung eines Kernteilchens, also eines Protons oder Neutrons, wieder ab.

Abb.: Experimentaufbau an der High Intensity Gamma-ray Source.
Abb.: Experimentaufbau an der High Intensity Gamma-ray Source. Zu sehen ist ein PVC-Strahlrohr, in dem die Samarium-154-Probe platziert wurde, sowie die Detektoren zur Messung der während der Bestrahlung aus der Probe emittierten γ-Strahlung, die auf die Probenposition ausgerichtet sind.
Quelle: U. Friman-Gayer

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Jedoch ist auch eine Abregung durch Wiederaussendung von Gamma-Strahlung möglich. Während die Dipol-Riesenresonanz schon 1937 und damit in den Anfängen der Kernphysik entdeckt wurde und seitdem stets Gegenstand der Forschung war, war über ihren Gamma-Zerfall bisher nur wenig bekannt. Den Forschern gelang es nun erstmals, dieses Zerfallsverhalten systematisch zu untersuchen. „Das stellt einen Meilenstein in der Erforschung dieser Kernschwingung dar“, sagt Jörn Kleemann. Im Fokus des Forschungsteams stand dabei ein deformierter Atomkern, Samarium-154. Solche Atomkerne, die von einer perfekten Kugelform abweichen, bieten besondere Einblicke in die Struktur der Kernmaterie, da sie komplexere Schwingungsmuster entlang ihrer unterschiedlichen Achsen aufweisen können. 

Das Team nutzte den Prozess der Kernresonanzfluoreszenz, bei dem Laser-ähnliche Gamma-Strahlen mit präzise kontrollierter Energie und Polarisation verwendet wurden, um die Resonanz gezielt anzuregen. Die Ergebnisse der Experimente bestätigten klar das einfache geometrische Modell der Dipol-Riesenresonanz als Schwingung der Protonen und Neutronen gegeneinander. Denn die aus diesem Modell abgeleiteten Vorhersagen für das Gamma-Zerfallsverhalten stimmen in hohem Maße mit den Messungen überein. „Dieses Ergebnis ist durchaus bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie simpel dieses geometrische Bild der Dipol-Riesenresonanz doch eigentlich ist und dass es natürlich auch andere, deutlich komplexere Modelle der Dipol-Riesenresonanz gibt, die unsere Ergebnisse jedoch zurzeit noch nicht beschreiben können“, sagt Kleemann.

Darüber hinaus zeigten die Forscher, dass das Gamma-Zerfallsverhalten der Resonanz auch präzise Rückschlüsse auf die Form des Atomkerns erlaubt – ein „Durchbruch für die Kernphysik“, wie Kleemann sagt. Insbesondere konnten sie die Triaxialität, also die Abweichung von axialer Symmetrie, mit bisher unerreichter Genauigkeit bestimmen. So ermittelten sie eine zwar geringe, aber klar nachweisbare Triaxialität in Samarium-154 – in guter Übereinstimmung mit aktuellen theoretischen Vorhersagen. 

Die Erkenntnisse leisten einen wichtigen Beitrag zum grundlegenden Verständnis der Dipol-Riesenresonanz und eröffnen neue Perspektiven für die Untersuchung von Atomkernen. Die Methode der Gamma-Zerfallsspektroskopie an der Dipol-Riesenresonanz bietet großes Potenzial, um die Form und Struktur anderer Atomkerne zu erforschen und Modelle der Kernphysik weiterzuentwickeln.

TU Darmstadt / JOL

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