Hannover Messe eröffnet
Die deutsche Industrie hat zum Auftakt der Hannover Messe ihre Wachstumserwartungen angesichts der stabilen Konjunktur deutlich nach oben geschraubt.
- Deutsche Industrie strotzt vor Optimismus
Hannover (dpa) - Die deutsche Industrie hat zum Auftakt der Hannover Messe ihre Wachstumserwartungen angesichts der stabilen Konjunktur deutlich nach oben geschraubt. In der Schlüsselindustrie Maschinenbau brummt das Geschäft. Die zunehmende Automatisierung beschert den Herstellern von Robotern prall gefüllte Auftragsbücher. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hob am Montag seine Wachstumsprognose für 2007 um 0,5 Punkte an und erwartet jetzt ein Plus von bis zu 2,5 Prozent. Das robuste Wachstum schlage sich nun auch auf dem Arbeitsmarkt nieder, sagte BDI-Präsident Jürgen Thumann. Wermutstropfen ist aus Branchensicht aber der zunehmende Ingenieurmangel.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verschaffte sich zu Beginn der Industriemesse einen Überblick über die wichtigsten Trends und neuen Erfindungen. Bei einem gemeinsamen Rundgang mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan durch die Messehallen versprach die Kanzlerin, Innovationen auch weiter zu fördern. Forschung und Entwicklung gehörten traditionell zu den deutschen Stärken. Die engen wirtschaftlichen Beziehungen zur Türkei sollten gefestigt und vorangebracht werden.
Die Türkei ist das Partnerland der 60. Hannover Messe, die noch bis zum Freitag dauert. Insgesamt zeigen rund 6400 Aussteller aus über 60 Ländern ihre Produkte. Schwerpunkte sind Energie, Klimawandel und die wachsende Automatisierung der Industrie. Die Messe gilt als Gradmesser für die konjunkturelle Entwicklung.
Der BDI geht von einem robusten Wachstum aus, mahnte zugleich aber weitere strukturelle Reformen an. Die deutsche Wirtschaft sei von einem dauerhaft höheren Wachstumspfad nach wie vor deutlich entfernt. «Es besteht kein Grund zum Übermut», sagte BDI-Präsident Thumann. Angesichts der Prognose von fast fünf Prozent Wachstum der Weltwirtschaft seien 2,5 Prozent in Deutschland nicht viel. Dennoch wirke sich die Belebung jetzt auch auf dem Arbeitsmarkt aus. Dies wiederum mache sich im privaten Konsum bemerkbar. «Die Stagnation der Jahre 2004 und 2005 ist zunehmender Kauflaune gewichen.»
Die größten Erfolge habe es 2006 aber erneut auf dem internationalen Parkett gegeben. Die Ausfuhren seien gegenüber dem Vorjahr um 12,4 Prozent gestiegen, damit sei Deutschland zum vierten Mal in Folge Exportweltmeister geworden. Für 2007 erwartet der BDI eine Ausfuhrsteigerung von bis zu zehn Prozent. Die Industrie habe die Konjunktur 2006 mit einem Wachstum von fünf Prozent in Schwung gebracht. «Die eigentliche Triebkraft des Aufschwungs war und ist die deutsche Industrie.»
Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau erlebt nach den Worten von Verbandspräsident Dieter Brucklacher derzeit die längste Wachstumsphase seit mehr als 30 Jahren. Im laufenden Jahr könnte die Branche stärker wachsen als bisher angenommen; die derzeitige Prognose von vier Prozent Plus sei «nicht in Stein gemeißelt», hieß es. «Es kann auch mehr werden.» 2006 betrug das Produktionsplus 7,4 Prozent.
Im Maschinen- und Anlagenbau sind derzeit rund 885 000 Menschen beschäftigt. Im vergangenen Jahr waren 21 000 Stellen dazugekommen. 2007 rechnet der Branchenverband VDMA mit 10 000 neuen Jobs. Die Auftragseingänge lägen derzeit weiter im zweistelligen Plus und zwar im Inland wie im Ausland, sagte Brucklacher. Es gebe zudem keinen starken Trend mehr zu Produktionsverlagerungen ins Ausland. Es scheine, dass es wieder mehr Vertrauen in den Standort Deutschland gebe.
Weiter zugenommen hat einer Branchenumfrage zufolge die Produktpiraterie. Auffallend sei der Trend, komplette Maschinen nachzubauen. Schätzungen zufolge lag der Schaden für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau 2006 bei fünf Milliarden Euro.
Mit einem stabilen Wachstum rechnet auch die Automatisierungsindustrie. Es gebe «ein dickes Auftragspolster», berichtete der Branchenverband ZVEI. «Dieser Schwung trägt sicher bis in das Jahr 2008.» In der Mikroelektronik hat Deutschland seine Position als führender Standort kräftig ausgebaut und eine Spitzenstellung in diesem Sektor erreicht. Jeder zweite europäische Chip trägt nach Feststellung des Verbandes VDE das Label «Made in Germany». In der Mikroelektronik sei Deutschland Europameister, in der Medizintechnik sogar Weltmeister, sagte VDE-Chef Hans Heinz Zimmer. «Wir glauben an unsere Stärke.»