07.12.2020

Hayabusa-2-Kapsel sicher gelandet

Probe mit mehreren Milliarden Jahre altem Asteroidenmaterial ist auf der Erde eingetroffen.

Am Samstagabend gelangten Proben im Rahmen der Hayabusa-2-Mission von einem erdbahn­kreuzenden Asteroiden auf die Erde. Die Kapsel mit dem Asteroiden­material landete nach Aussage der japanischen Raumfahrt­agentur Jaxa im vorgesehen Gebiet, der Wüste des Woomera-Test­geländes für Luft- und Raumfahrt im Süden Australiens. In Japan sollen nun die einzelnen Bestandteile der Proben im Laufe des nächsten Jahres näher untersucht werden. Aus den Analysen erwarten die Wissen­schaftler neue Erkenntnisse zu den Ursprüngen des Sonnensystems und des Lebens auf der Erde.

Abb.: Illustration der Ha­ya­­bu­sa-Sonde bei der Pro­ben­nahme auf dem...
Abb.: Illustration der Ha­ya­­bu­sa-Sonde bei der Pro­ben­nahme auf dem Aste­ro­iden Ryu­gu. (Bild: Hayabusa2, A. Ikeshita)

Bereits im Februar und Juli 2019 hatte die Sonde Hayabusa-2 in zwei außer­gewöhnlichen Touchdown-Manövern Material des Asteroiden Ryugu eingesammelt: viereinhalb Milliarden Jahre alte Fragmente aus der frühesten Zeit des Sonnensystems. Diese Proben wurden nach insgesamt 5,25 Milliarden zurückgelegten Reise­kilometern im Vorbeiflug an der Erde in einer Kapsel abstoßen. Als Teil der Mission erkundete im Oktober 2018 der deutsch-französische Lander Mascot Ryugus Oberfläche und zeigte einen fragilen kosmischen Schutthaufen mit viel Geröll, Steinen, aber fast ohne Staub. Nach dem Abtrennen des Proben­containers setzte die Sonde Hayabusa2 ihre Forschungsreise fort und steuert 2031 einen weiteren erdnahen Asteroiden an.

„Dies ist ein historischer Moment für die Weltraum­forschung“, sagt Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstands­vorsitzende des DLR. „Ich bin mir sicher, dass nun mit der Analyse der Proben von Ryugu dank Jaxa ein weiteres erkenntnisreiches Kapitel der internationalen Asteroiden­forschung beginnen wird.“ Die Abtrennung der Landekapsel von der Raumsonde Hayabusa2 erfolgte in etwa 220.000 Kilometer Entfernung von der Erde. Danach führte die Sonde ein weiteres Manöver durch, um vom Kollisions­kurs mit der Erde weg und auf eine Flugbahn an ihr vorbei zu gelangen. Mit einer Geschwindigkeit von zwölf Kilometer pro Sekunde trat die Kapsel in 120 Kilometer Höhe in die Erdatmosphäre ein, wurde durch die Lufthülle bei großer Hitze­entwicklung abgebremst und setzte danke eines Fallschirms sicher auf.

In Japan wird nach einem über Jahre entwickelten Plan ein Mechanismus an die Kapsel angebracht, ohne den die Kapsel zuvor nicht geöffnet werden kann. Die Öffnung erfolgt robotisch in einem Reinraum-Labor in einer Vakuum-Kammer, in der die Asteroidenproben in spezielle Proben­behälter umgebettet werden. Zunächst werden die einzelnen Bestandteile der auf die Erde gebrachten Asteroidenproben kuratiert und ein erstes Mal beschrieben, ehe ab Mitte 2021 mikro­skopische, minera­logische und geo­chemische Untersuchungen stattfinden. Das DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof schafft momentan in einem neuen Labor Untersuchungs­möglichkeiten mit dem Schwerpunkt auf spektro­skopischen Analysen und plant, ab 2022 an der Untersuchung von Proben mitzuwirken.

Der knapp einen Kilometer große Asteroid Ryugu gehört zu den Near-Earth Objects (NEOs), also Asteroiden oder Kometen, die der Erdbahn nahe kommen oder diese schneiden, wobei Ryugu dabei nie in unmittelbare Nähe der Erde gelangt und deshalb keine Gefahr darstellt. Bisherige Ergebnisse zeigten, dass Ryugu als Bindeglied der Planeten­bildung ein Relikt aus der Frühzeit des Sonnen­systems vor rund 4,5 Milliarden Jahren ist. Der kohlenstoff­reiche C-Typ-Asteroid besteht durch und durch aus hochporösem Material und hat sich wahrscheinlich größtenteils aus den Bruchstücken eines durch Einschläge zertrümmerten Mutterkörpers gebildet.

Die hohe Porosität und der damit verbundene geringe innere Zusammenhalt der Gesteins­brocken sorgen dafür, dass solche Körper beim Eintritt in die Erdatmosphäre vermutlich in zahlreiche Fragmente auseinander­brechen. Deshalb lassen sich von dieser Klasse kohlenstoff­reicher Asteroiden nur sehr selten Meteoriten auf der Erde finden und analysieren, weil die Atmosphäre tendenziell einen höheren Schutz vor ihnen bietet. Doch gerade deshalb ist die Untersuchung der Ryugu-Proben auf der Erde wissenschaftlich besonders bedeutend: Die Forscher erhoffen sich von den Untersuchungen wichtige Hinweise, wie Asteroiden dieses Typs, über deren Eigenschaften und Zusammen­setzung wenig bekannt ist, im Falle einer drohenden Kollision in Zukunft abgelenkt werden könnten.

„Am Ende dieser ganz außergewöhnlichen Mission Proben von einem 4,5 Milliarden Jahre alten Asteroiden auf der Erde zu haben und sie vielleicht sogar bald in unseren DLR-Laboren untersuchen zu können, ist für uns alle ein Höhepunkt in unserem Forscherleben“, sagt Heike Rauer, Leiterin des DLR-Instituts für Planeten­forschung. „Es ist schon herausragend, was wir mit Raumsonden und Landemodulen an den Körpern des Sonnensystems herausfinden können, aber es macht einen Riesenunterschied, wenn wir Proben hier auf der Erde haben und in vielen großen Laboren untersuchen können, und zwar auch noch in ein paar Jahrzehnten, wenn die Analytik viel weiter entwickelt sein wird.“

Da zum Zeitpunkt des Vorbeiflugs von Hayabusa-2 an der Erde noch etwa die Hälfte des Treibstoffs, das Edelgas Xenon, für das Ionen­triebwerk vorhanden sein ist, kann Hayabusa-2 weiter auf einer Umlaufbahn um die Sonne verbleiben und 2031 noch einen weiteren Asteroiden besuchen, den nur vierzig Meter großen und extrem schnell rotierenden erdnahen Asteroiden 1998 KY26. Ein Objekt mit diesen Eigenschaften wurde bisher noch nie von einer Raumsonde besucht. Die Forscher erwarten, dass diese ver­gleichenden Beobachtungen die bereits gewonnenen Erkennt­nisse aus der Mission vertiefen werden. Bis 2031 soll die Raumsonde mit zwischen­zeitlich zwei weiteren Erdvorbei­flügen zur Bahnanpassung ihr Ziel erreichen.

DLR / JOL

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