25.04.2017

Heiß und kalt: Gegensätze ziehen sich an

Temperaturunterschied führt zu Wechsel­wirkung zwischen Nano­teilchen.

Elektrisch geladene Teilchen üben starke anziehende oder abstoßende Kräfte aufein­ander aus. Mit Hilfe von Computer­simula­tionen konnten Forscher der Unis Wien und Cambridge um Christoph Dellago nun nach­weisen, dass selbst zwischen elek­trisch neutralen Nano­teilchen ganz ähnliche Kräfte wirken, falls diese kälter oder wärmer sind als die Flüssig­keit, in der sie gelöst sind. Je größer der Tempe­ratur­unter­schied ist, umso stärker sind auch die Kräfte, welche mit der Ent­fernung genauso abnehmen wie Kräfte zwischen elek­trischen Ladungen. Man kann den Nano­teilchen deshalb effek­tive Ladungen zuweisen, deren Vor­zeichen davon abhängen, ob die Teil­chen gekühlt oder aufge­heizt werden.

Abb.: Der Temperaturunterschied zwischen einem heißen (rot) und einem kalten (blau) Nano­teilchen führt zu einer Aus­rich­tung der Mole­küle in der umge­benden polaren Flüssig­keit. (Bild: A. Šari & P. Wirns­berger, U. Cambridge)

Dieser verblüffende Effekt kann in polaren Lösungsmitteln wie zum Beispiel Wasser auf­treten. In polaren Flüssig­keiten tragen die Mole­küle ein elek­trisches Dipol­moment. Wenn nun in der polaren Flüssig­keit gelöste Nano­teilchen aufge­heizt oder gekühlt werden, richten sich die Flüssig­keits­mole­küle im ungleich­mäßigen Tempe­ratur­feld um die Nano­teilchen aus. „Da in polaren Flüssig­keiten die Mole­küle ein elek­trisches Dipol­moment tragen, führt die Aus­rich­tung der Mole­küle zu einem elek­trischen Feld, das iden­tisch ist mit dem einer elek­trischen Ladung und somit auch mit iden­tischen Kräften“, erklärt Dellago. Inte­res­santer­weise tritt der Effekt auch für Nano­teilchen in magne­tischen Flüssig­keiten auf, sodass die Teil­chen in diesem Fall effek­tive magne­tische Mono­pole tragen.

Ihre neuen Erkenntnisse konnten die Forscher mithilfe auf­wändiger Computer­simula­tionen gewinnen, die sie am Hoch­leistungs­rechner Vienna Scien­tific Cluster durch­ge­führt haben. Mit einem neuen Ver­fahren, das Peter Wirns­berger, Absol­vent der Uni Wien und nun Dokto­rand an der Univer­sity of Cambridge, ent­wickelt hat, ist es dem Team gelungen, das komplexe Nicht­gleich­gewichts­phänomen für ein Modell­system aus mehr als 10.000 Mole­külen zu simu­lieren und die von aufge­heizten oder gekühlten Nano­teilchen ausge­übten Kräfte ein­deutig nach­zu­weisen.

Die praktische Bedeutung des entdeckten Effekts lässt sich noch nicht völlig ab­schätzen. „In Zukunft könnte man aber thermisch indu­zierte Wechsel­wirkungen etwa dazu ver­wenden, um durch kontrol­lierte Tempe­ratur­ände­rungen die Kräfte zwischen Nano­teilchen gezielt zu steuern und so die von ihnen gebil­deten Struk­turen zu beein­flussen“, so Dellago. Bevor es aber so weit ist, warten die Forscher erst einmal auf die experi­men­telle Bestä­ti­gung des von ihnen unter­suchten Effekts.

U. Wien / RK

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