Hoffnung auf Montréal
Ist der Klimawandel noch zu stoppen? Für einen wirksamen Klimaschutz sind die USA und China nötig.
Hoffnung auf Montréal
Montréal (dpa) - Die ersten zehn Monate dieses Jahres waren weltweit gesehen wärmer als die im bisherigen Rekordjahr 1998. «2005 ist auf dem besten Wege, das weltweit wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen vor 150 Jahren zu werden», erläutert Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die Tropenstürme werden stärker, auch ihre Zahl ist außergewöhnlich hoch. Im Jahr 2004 wurde der erste Hurrikan im Südatlantik registriert. Die Eisfläche um den Nordpol nimmt rapide ab, und auch auf Grönland und in der Schweiz hat eine große Eisschmelze eingesetzt.
Um die Erderwärmung auf ein für Mensch und Natur «erträgliches Maß» zu bremsen, hatten 189 Staaten 1992 die Klimarahmenkonvention in Rio de Janeiro verabschiedet. Als erster konkreter Schritt folgte das Protokoll von Kyoto 1997, bei dem sich die Industrieländer verpflichteten, ihre Treibhausgase bis 2012 zu verringern oder zumindest zu begrenzen. Seit diesem Montag diskutiert die internationale Gemeinschaft auf der UN-Klimakonferenz in Montréal, wie es mit dem Klimaschutz künftig weitergehen soll.
Für einen wirksamen Klimaschutz sind die USA und China - die beiden weltweit größten Kohlendioxid-Produzenten - nötig. China hat zwar die Ausweitung alternativer Energien angekündigt. Es möchte sein Wirtschaftswachstum dadurch aber nicht bremsen und sich schon gar kein Reduktionsziel für seine Treibhausgase auferlegen lassen. Die USA haben dem Kyotoprotokoll den Rücken gekehrt, und kein Experte erwartet, dass sie es sich unter der derzeitigen Regierung anders überlegen. Washington hatte jedoch die Klimarahmenkonvention von Rio angenommen und sitzt damit in Montréal mit am Verhandlungstisch.
Doch die Verhandlungen werden schwierig: China hat im Kyoto-Protokoll als Entwicklungsland noch keine Auflagen bekommen. Nun soll es mit einem Belohnungssystem zum internationalen Klimaprozess gelockt werden. So könnte es beispielsweise im Verkehrsbereich oder der Zementproduktion feste Obergrenzen für den Kohlendioxidausstoß erhalten. Überschreitet es diese, geschieht nichts. Bleibt der Ausstoß jedoch unter der gesetzten Marke, dann darf es die eingesparten Tonnen Kohlendioxid als Emissionsgutscheine auf dem Weltmarkt verkaufen. Das funktioniert natürlich nur, wenn der in der EU eingeführte Handel von Kohlendioxid-Zertifikaten weitergeführt und ausgebaut wird.
Im Fall der USA setzen die meisten Umweltschützer derzeit eher auf die Industrie, die ein Interesse am wirtschaftlichen Gewinn durch den Verkauf alternativer Energietechniken hat, und auf einzelne US- Bundesstaaten, die sich schon ähnliche Auflagen wie im Kyoto-Protokoll vereinbart gegeben haben.
Um die Erderwärmung erträglich zu halten, sollte der Temperaturanstieg nach Meinung vieler Forscher auf zwei Grad begrenzt werden. Das wäre nur zu schaffen, wenn der Ausstoß der Treibhausgase pro Jahr weltweit bis 2050 um die Hälfte verringert würde, die Industrieländer müssten den Großteil übernehmen. «Technisch und ökonomisch ist es möglich, dass die Industriestaaten ihre Treibhausgase bis 2050 um 70 bis 80 Prozent reduzieren», meint Klimaexperte Hermann Ott vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.
Bis zum Jahr 2030 würden weltweit schätzungsweise 16 Billionen US- Dollar (14 Billionen Euro) für Investitionen im Energiebereich ausgegeben. Entscheidend sei, welcher Anteil davon in herkömmliche und welcher in alternative Energieerzeugung gesteckt werde. Einige Weichen in Richtung erneuerbarer Energien zu stellen, das haben sich viele Politiker und Umweltschützer für Montréal vorgenommen.
Simone Humml, dpa
Weitere Infos:
United Nations Framework Convention on Climate Change:
http://unfccc.int/2860.php