21.02.2023 • EnergieMaterialwissenschaften

Hydrophile Schichten von der Rolle für Solarmodule

Fassaden und Solarpaneele lassen sich mit Ultradünnglas einfach nachrüsten.

Die Reinigung von Glas­fassaden und Solaranlagen ist teuer und aufwändig. Schmutz vermindert den Ertrag der Solarmodule. Gründe genug, um an Oberflächen zu forschen, die diesen Aufwand minimieren. Am Fraunhofer-FEP gelang es nun innerhalb des von der Europäischen Union geförderten Projekts NewSkin, kristal­lines Titanoxid im Rolle-zu-Rolle-Verfahren auf ultradünnes Glas aufzubringen und damit hydrophobe Oberflächen zu erreichen, die unter UV-Licht sogar super­hydrophil werden.

Abb.: Beschichtung mit Titan­dioxid. Links: Ausgangs­zustand, hydro­phob,...
Abb.: Beschichtung mit Titan­dioxid. Links: Ausgangs­zustand, hydro­phob, Wasser­tropfen-Kontakt­winkel etwa 95 Grad. Rechts: Nach dreißig­minütiger Bestrah­lung mit UV-Licht, super­hydro­phil, Kontakt­winkel kleiner als 5 Grad. (Bild: Fh.-FEP)

Schmutzabweisende, leicht zu reinigende Oberflächen sorgen für Transparenz und Sauberkeit bei Fassaden und für eine effizientere und gleich­mäßigere Energie­gewinnung bei der Solarstrom­gewinnung, bei geringeren Wartungs­kosten. „Wir setzen hier auf die photo­induzierte Hydrophilie auf Oberflächen.“, erläutert Valentin Heiser vom Fraunhofer-Institut für organische Elektronik, Elektronen­strahl- und Plasmatechnik. „Um diesen Effekt aufzuskalieren, bringen wir erstmals kristallines Titanoxid im Rolle-zu-Rolle-Verfahren auf ultradünnes Glas auf. Das ist sehr effizient und das ultradünne und leichte Glas kann nachträglich auf Fassaden aufgebracht oder direkt als Verbundwerkstoff in die Solarmodule eingearbeitet werden – sogar auf gebogene Oberflächen.“

Titandioxid verändert durch UV-Einstrahlung seine Hydrophilie. Unbestrahlt ist es hydrophob, nach einer Bestrahlung superhydrophil. Bei photoinduzierter Hydrophilie wechselt die Oberfläche nach etwa dreißig Minuten Bestrahlung mit sonnen­ähnlichem UV-Licht von hydrophob zu super­hydrophil. Auf Oberflächen mit einer solchen Titandioxid-Beschichtung kann sich durch diesen Effekt kein oder nur sehr wenig Schmutz ablagern.

Setzt sich beispielsweise Verkehrsstaub, Sand oder sonstiger Schmutz auf Glasfassaden oder Solarpanels ab, wird dieser durch die nächtliche Hydrophobie der Oberfläche über abperlende Regentropfen abgewaschen. Darüber hinaus bleibt der Schmutz besonders durch den zyklischen Wechsel von hydrophob und super­hydrophil auch tagsüber nicht an der Oberfläche haften. Mit UV-Licht aktiviertes Titanoxid zersetzt durch Photokatalyse außerdem organische Moleküle an der Oberfläche. So entstehen anti­bakterielle und sterile Oberflächen, die besonders in der Medizin­technik oder in Verbindung mit flexiblen Displays von Interesse sind.

Die Forscher am Fraunhofer-FEP haben jetzt erste derartige Beschichtungen entwickelt. Konkret wurde eine dreißig Zentimeter breite und zwanzig Meter lange Rolle Dünnglas mit einer Glasdicke von hundert Mikrometern in einer Rolle-zu-Rolle-Anlage mit 30 bis 150 Nanometern Titanoxid beschichtet.

Herausfordernd für das Projekt ist zum einen, dass Dünnglas ein sehr neues Substrat mit großen Anforderungen an das Handling ist, da es sehr leicht bricht und empfindlich auf thermische und mechanische Belastungen reagiert. Zum anderen erreicht Titandioxid seine besonderen Eigenschaften der Hydrophobie und Hydrophilie nur, wenn es kristallin ist. Dafür benötigt es hohe Temperaturen während der Herstellung. Sputter­beschichtungen mit diesen Anforderungen waren bisher in Rolle-zu-Rolle-Technologie nicht umsetzbar, da gängige Substrate den hohen Temperaturen nicht standhalten konnten. Dünnglas bietet hier eine Alternative.

Dank dieser Ergebnisse durch das NewSkin-Projekt arbeiten die Wissenschaftler des Fraunhofer-FEP jetzt daran, die Eigenschaften von Titandioxid und Dünnglas optimal und kosteneffizient zu vereinen, um gemeinsam mit der Industrie innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Mit den ersten gelungenen Beschichtungen auf Ultradünnglas wurden die Grundlagen hierfür gelegt. Forscher des NewSkin-Partners Universität Uppsala arbeiten daran, die Ergebnisse auch auf Polymer­folien zu übertragen. Künftig wird das Fraunhofer FEP auch an Schicht­systemen arbeiten, die nicht nur mit UV-Licht, sondern auch mit sichtbarem Licht aktiviert werden können. Auch die Herstellung und Einbettung von Nanopartikeln oder das Dotieren mit beispiels­weise Stickstoff sind angedacht.

Fh.-FEP / RK

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