22.10.2008

Indien fliegt zum Mond

Die Indische Weltraumforschungsorganisation (ISRO) will erstmals eine Sonde zum Mond schicken.




Neu Delhi (dpa) - An diesem Mittwoch soll das Image der rund 1,2 Milliarden Inder einen großen Schub bekommen: Die Indische Weltraumforschungsorganisation (ISRO) will erstmals eine Sonde zum Mond schicken. Mit diesem großen Schritt will sich Indien Zugang zu dem elitären Club der Staaten mit Mondmissionen verschaffen. Bislang schickten nur die USA, die UdSSR, Japan, China und Europa Sonden zum Erdtrabanten. Die unbemannte indische Mondmission soll die bislang billigste werden.

Nach dem Start am frühen Mittwochmorgen vom Weltraumbahnhof Satish Dhawan nördlich der Stadt Madras soll Chandrayaan-1 (Sanskrit für Mondfahrzeug) innerhalb von fünf Tagen den Mond erreichen. Etwa zwei Jahre lang soll die knapp 1400 Kilogramm schwere Sonde den Erdtrabanten in einer Umlaufbahn von 100 Kilometern umkreisen und Daten sammeln. An Bord sind elf Instrumente aus Indien, den USA und Europa, darunter auch Deutschland: Ein Infrarot-Spektrometer des Max- Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) kann eine flächendeckende mineralogische Karte der Mondoberfläche erstellen.



Abb.: Chandrayaan-1 Sonde. (Bild: ISRO)


Die unbemannte Mission werde Lücken im Wissen über den Mond füllen, sagt ISRO-Chef G. Madhavan Nair. Sie werde zudem «ausführliche Informationen zu Aspekten der Mondstruktur, der geologischen Geschichte und seiner Entstehung liefern und im Gegenzug auch zur Aufklärung der Herkunft der Erde selber beitragen». An den Polen des Mondes soll ein Röntgen-Spektrometer nach Wasser suchen. Die Sonde soll auch Licht auf das möglicherweise massive Vorkommen von Helium 3 werfen, von dem gehofft wird, dass es eines Tages zur Energiegewinnung in Kernfusionskraftwerken eingesetzt werden könnte.

Chandrayaan-1 selber wird nicht auf dem Mond landen. Die Sonde soll aber ein 35 Kilogramm schweres Instrument namens Moon Impact Probe (MIP) zum kontrollierten Crash auf den Mond schicken. Nach den Plänen von ISRO wird diese kleinere Sonde mit den Ausmaßen eines Computermonitors während des Absturzes Nahaufnahmen vom Mond machen und die Atmosphäre untersuchen. Das Gerät soll außerdem Daten für eine Mondlandung bei einer späteren Mission sammeln. Die Sonde trägt eine indische Flagge mit sich, die auf dem Mond bleiben soll.

Bei der Mondmission gehe es nicht nur um Wissenschaft, meint der Nachrichtensender NDTV - sondern auch um Indiens Auftritt auf der Weltbühne. Tatsächlich dürfte der Imagegewinn für Indien gewaltig sein, wenn die Expedition wie geplant verläuft. Und doch kann die wissenschaftliche Leistung der aufstrebenden Wirtschaftsmacht nicht über die großen ungelösten Probleme des Staates hinwegtäuschen. Die Zeitung «Indian Express» berichtete am vergangenen Sonntag unter der Überschrift «Mondsüchtig» auf einer ganzen Seite über die Mondmission. Zwei Seiten weiter steht ein sehr viel kleinerer Kommentar über die anhaltende Massenarmut in Indien. Die Überschrift dort lautet: «Immer noch ein Land der hungernden Millionen».

Immerhin wird sich die indische Regierung kaum vorwerfen lassen müssen, bei der Mondmission Geld hinausgeworfen zu haben. Chandrayaan-1 soll mit nur 80 Millionen Dollar (60 Millionen Euro) zu Buche schlagen. Ein westlicher Indien-Experte spricht in Anlehnung an das billigste Auto der Welt, das Nano, das derzeit in Indien gebaut wird, von einem «Weltraum-Nano». Zum Vergleich: Die japanische Mondmission im vergangenen Jahr kostete 260 Millionen Dollar, die chinesische kurz darauf knapp 170 Millionen Dollar. ISRO-Sprecher S. Satish sagt über Chandrayaan-1: «Es ist nicht nur die billigste Mondmission jemals, sondern sie wird wahrscheinlich auch die meisten wissenschaftlichen Daten liefern.»

Chandrayaan-1 soll nur der erste Schritt des ambitionierten indischen Mondprogrammes sein. Für das Jahr 2011 ist in Kooperation mit Russland Chandrayaan-2 geplant. Dann soll ein unbemanntes Raumschiff landen und ein Mondfahrzeug den Erdtrabanten näher erkunden. 2014 oder 2015 plant ISRO, zwei Astronauten eine Woche ins Weltall zu schicken. 2020 könnte dann, so hofft ISRO, bei einer bemannten Mondmission der erste Inder den Erdtrabanten betreten.



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